Tagebuchaufzeichnungen
von
Henriette Schneider (1872-1947)
Auszüge aus dem 1. Band (1913-1917)
Vorbemerkung:
1913 ist Henriette Schneider Wirtschafterin auf dem Gut Berghof, das dem Carl von Streng. gehört. Henriettes Eintragungen beginnen am 1. Juli und sind im folgenden verkürzt wiedergegeben. Erklärender Text ist in Klammern hinzugefügt.
Dienstag, 1. 7. 1913
Kalt und Regen war die
Losung des 1. Juli, möchte es nicht dabei bleiben! Der schöne Klee, wie sieht
er aus, und doch müssen wir über den Regen froh sein, der schon sehr nötig war.
Mittwoch, 2. 7. 1913
... Borkos fuhren nach
Ranten. (Borkos steht für Prof. Heinrich Borkowski und seine Frau Charlotte).
Homo schrieb, er ist zur Vertretung nach Lötzen gekommen und selig darüber
(Homo steht für Arthur Homm, Jurist, Schwager von Carl von Streng). ...
Donnerstag, 3. 7. 1913
An Lotte B. (Beerbohm)
schrieb ich zum Geburtstag. Sie ließ sich aus Gastein hören, hat schon Venedig
hinter sich. Ob ich es auch mal sehen werde? ... Wind und Sonnenschein, es wird
Klee gefahren. Zum Abendbrot erschienen alle Kemke-Kinder im Auto (aus
Widminnen). Else (Kemke) will bald kommen, sie ist etwas erholt ...
Freitag, 4. 7. 1913
Herr von Streng früh ½
5 Uhr nach Johannisburg. ... Mit den Soldaten gab es Ärger. Meinem energischen
Zuspruch war es zu verdanken, daß die Rädelsführer wieder zur Arbeit kamen.
Anna (Henriettes Schwester, Pammern) schrieb und schickte ein gutes Zeugnis von
Lotte.
Sonnabend, 5. 7. 1913
Grete (Beusch)
schrieb, sie will viel von Berghof wissen ... Bin gespannt, was nun erfolgen
wird. Vielleicht bedeutet es für mich Trennung ...
Montag, 6. 7. 1913
Acht Soldaten kamen in
der Nacht an. R. (Role, Spitzname für Carl von Streng, abgeleitet von Carolus)
fuhr früh nach Sensburg, und ich war noch früher auf den Beinen ... Tagsüber
wurde Klee eingefahren ... Borkos fahren nicht nach Hause (Königsberg), sondern
nach Sybba. ...
Dienstag, 8. 7. 1913
Ein Brief von Willy
(Beerbohm) erfreute mich sehr. Er kommt nicht her, was ich mir schon dachte.
Ich riet ihm aber sehr, Homms (Familie Homm, Lötzen) zu besuchen. ...
Frau Sandmann kam mit den Kindern an, nette Kinder.
Mittwoch, 9. 7. 1913
R. zur Entenjagd beim
Landrat, viel Regen; Heu und Klee verdirbt langsam, dabei hat man die teuren
Soldaten und kann mit ihnen nichts anfangen. ... Borko klingelte an, vermißt
sein gutes Glas, glaubte es hier ... Man sieht, der zerstreute Professor macht
sich überall bemerkbar.
Donnerstag, 10. 7.
1913
Anna schrieb, daß Lotte
(Annas Tochter) für acht Tage herkommt. ... R. kam erst heute von Lötzen
zurück, war auch bei Homms. ...
Sonntag, 13. 7. 1913
Ein herrlicher Tag,
... Nach dem Kaffee machten wir in zwei Wagen eine Tour Ranten – Pammern, wo
ich ausstieg, Mallinken, zurück Rostken durch den Wald. Leider fand ich die
Meinen nicht zu Hause. ... Daß R. durch Rostken (Henriettes Geburtsort) fuhr,
freute mich sehr. Ich weiß, er tat es meinetwegen. Spät ging ich mit Frau
Sandmann noch ein Stündchen durch den Wald.
Montag, 14. 7. 1913
Der letzte Klee konnte
eingefahren werden. Am Nachmittag nahm ich die Kinder und ging mit allen in die
Himbeeren, die Ernte war ganz ergiebig. ... Herr von Streng in Lötzen zum
Kreistag.
Mittwoch, 16. 7. 1913
Seit einigen Tagen
kann im Heu geschafft werden. Auch die Feriengäste (Kinder) helfen treu mit und
harken viel.
Donnerstag, 17. 7.
1913
... Polen kamen
gestern an, ein mehr als dämlicher Unternehmer ist mit, daraus entsteht nichts
Kluges. ...
Freitag, 18. 7. 1913
Ulrich Sandmann feiert
seinen Geburtstag. ... Aus einer Karte vom Brautpaar Beusch an R. erfuhr ich,
daß L. (Lotte Beerbohm) auch mir bald schreiben wird.
Sonnabend, 19. 7. 1913
Else (Kemke) kam an
... Mit den Polen gibt es dauernd Ärger. Es ist eine Rasselbande, und doch ist
man auf sie angewiesen.
Montag, 21. 7. 1913
Regen bis Mittag. Die
Polen kamen nicht zur Arbeit. Sie behaupten, im Regen brauchen sie nicht
arbeiten. ... Ich freue mich, daß Else da ist, habe ich es doch ein bisschen
leichter.
Dienstag, 22. 7. 1913
Am Vormittag kam Lotte
an. ... Sie übt fleißig Klavier ...
Mittwoch, 23. 7. 1913
... Herr von Streng
zur Entenjagd beim Landrat. ...
Donnerstag, 24. 7.
1913
Wir schleuderten bei
günstigem Wetter Honig ... Für die Kinder war es ein Fest. ...
Freitag, 25. 7. 1913
... Gott sei Dank, daß ich Lotte hier habe ... Frau Sandmann ist mit
ihrem Klavierspiel sehr zufrieden.
Sonnabend, 26. 7. 1913
Drei Kemke-Kinder und
Frau von Streng schon zu Mittag hier. ... Am Nachmittag Gewitter. Auf dem Feld
wurde Dombrowski beim Pflügen vom Blitz erschlagen, traurig ...
Sonntag, 27. 7. 1913
Schönes Wetter. Um 10
Uhr Homms hier; Ernst (Sohn, *1912) sehr munter. Frau Ida (geb. von Streng) plagt
noch immer das Bein. ... Homms fuhren abends ab.
Montag, 28. 7. 1913
Am 25. schrieb ich
Willy (Beerbohm), ob er nicht nach Junkerken als Inspektor hin möchte, bin auf
die Antwort gespannt. ... Aus Widminnen sagte Herr Kemke herüber, daß Frau
Homms Bein schlimmer geworden ist und sie morgen operiert werden soll. ...
Sandmanns fahren morgen.
Dienstag, 29. 7. 1913
Mir wurde Sandmanns
Abfahrt schwer, die famose Frau habe ich lieb gewonnen. ... Borkos kamen an,
ganz vergnügt. ... Herr von Streng fuhr gestern noch nach Lötzen und brachte
die Nachricht, daß I. (Ida Homm) heute operiert wird und Frau Kemke (ihre
Schwester) vorläufig dort bleibt
Mittwoch, 30. 7. 1913
Herr von Streng heute
Nachmittag in Lötzen. Idel (seine Schwester) geht es den Umständen nach gut.
Sonnabend, 2. 8. 1913
... Borko schoß
mittags einen Bock und abends noch einen.
Sonntag, 3. 8. 1913
... Am Nachmittag
Fuchstreiben ohne Fuchs. R. schoß aber einen Bock. Dann ging er mit Else und Bibutz
Enten schießen, und ich zog einsame Kreise und besah mir die gemähten und
ungemähten Roggenfelder. Abends schoß Borko noch einen Bock, das lohnt! Die
Stimmung war die beste und wurde mit Mosel noch erfrischt!
Montag, 4. 8. 1913
... Borkos fuhren am
Vormittag ab. Sandmanns kamen mit dem
Fuhrwerk, die Freude war groß. ... Mit Interesse lese ich die Tagebücher und
finde viele interessante Stellen, wie ich von Rostken Abschied nahm.
Dienstag, 5. 8. 1913
Überall wird Roggen
gemäht ... Herr von Streng schoß wieder beim Landrat Enten und blieb auch in
Lötzen zur Nacht ... Ich ging mit den Kindern in den Wald Pilze lesen. ... Else
ritt ihren netten Fuchs ...
Mittwoch, 6. 8. 1913
Sandmanns fuhren ab,
ich brachte sie alle zur Bahn. Herr von Streng und Else begleiteten uns noch zu
Pferde bis Plowzen ...
Donnerstag, 7. 8. 1913
... R. fuhr mit uns
nach Lyck. Er hat morgen Entenjagd beim Grafen Lehndorf. ...
Freitag, 8. 8. 1913
Wir weckten Karotten
ein. ... Draußen wurde mächtig geschafft, mit drei Partien 180 Fuder Roggen
gefahren.
Sonnabend, 9. 8. 1913
... Herr von Streng
kam schon zu Mittag von der Grafenjagd zurück, wo wenig Enten geschossen
wurden, sonst war er mit der Aufnahme im alten Schloß zufrieden. ...
Hier in Berghof wurde der Roggen eingefahren. Es sind 400 Fuder geworden.
Freitag, 15. 8. 1913
... Besuch von Herrn
v. Strengs Jugendfreund Stenzler mit Dr. Lauf und Opitz, mit eigenem Auto von
Leipzig! ...
Mittwoch, 20. 8. 1913
An Frau Goldenstedt schrieb
ich ... Herr v. Streng tagsüber in Lyck ...
Freitag, 22. 8. 1913
Ich war mit Herrn v. Streng
in Lötzen; um 5 Uhr fuhren wir hin und um 11 Uhr wieder fort. ...
Sonnabend, 23. 8. 1913
... Bei Lange in
Widminnen ist ein Nähkasten bestellt, man weiß für wen. O Gott, wie lange wird
es noch dauern bis man weiß, woran man ist? Sie könnten sich doch öffentlich
verloben und heiraten, und man wüßte, woran man ist.
Montag, 25. 8. 1913
Herr v. Streng am
Vormittag zur Taxe ... Homo telefonierte, daß er in Lötzen Amtsrichter geworden
ist ...
Dienstag, 26. 8. 1913
...Bei Homms ist die
Freude groß ... Idel war gestern schon ein Weilchen auf, was ihr gut bekam ...
Mittwoch, 27. 8. 1913
Lotte (Beerbohm) fragte
R., ob sie für vier Wochen herkommen könnte. Er wimmelte ab, was würde G. (Grete)
dazu sagen? Es ist ganz unmöglich....
Donnerstag, 28. 8.
1913
Tilly (Mathilde Kemke)
schickte viele Pilze, die ich in den Weck brachte.
Sonnabend, 30. 8. 1913
... Um 4 ½ Uhr sahen
wir südwestlich von Berghof über Arys den Zeppelin kreisen. Nun haben wir ihn
auch gesehen ...
Sonntag, 31. 8. 1913
... Am Nachmittag
begleiten wir die Herren auf die Jagd. Ich verbrachte ein Stündchen auf dem
Wagen, während die Anderen auf dem See waren. Es war schön. Am Abend noch Skat,
ich -13 Pfennig, die mir noch geschenkt wurden.
Montag, 1. 9. 1913
... Herr v. Streng
plant eine Reise nach Rügen! Ich kann es ja verstehen, daß man sich sehen und
sprechen will, wünschte mir, es wäre bald Schluß mit allem. ... Abends v.
Lojewski hier, Kuh untersuchen.
Dienstag, 2. 9. 1913
Heute schickte Herr
Gerry v. Streng die Geburtsanzeige eines Sohnes. Im Mai haben die Leute
geheiratet, modern! ... R. plant eine Reise nach dem 15. Sollte schon jetzt die
Sache zum Klappen kommen?
Mittwoch, 3. 9. 1913
... R. in Neuhoff zur
Sitzung. ...
Sonntag, 7. 9. 1913
Ein schöner Tag ...
Else hatte schön gekocht, man aß, saß dann ein Weilchen gemütlich beim Kaffee, und
dann ging es in den Wald zum Fuchstreiben, ... Zwei Füchse brachten die Jäger
heim ... Abends Skat mit Herrn v. Streng, ich schlechte Karten.
Montag, 8. 9. 1913
Herr v. Streng früh
nach Lötzen, er kommt erst morgen abends heim. ...
Sonnabend, 13. 9. 1913
Vormittag erschien Eiselen ...
Sonntag, 14. 9. 1913 (Carl
v. Strengs 41. Geburtstag)
... Um 2 ½ Uhr rückten
die Lötzener an, leider nicht Rievers. Nach dem Kaffee füllte sich das Haus.
Das Gaslicht machte sich gut, im Saal leuchteten die Kerzen. Sehr gemütlich und
nett verlief der Abend, und dem Essen wurde großer Beifall zuteil. Ob es
wirklich das letzte Mal ist, daß ich das Fest leitete?
Montag, 15. 9. 1913
(Henriette Schneiders 41. Geburtstag)
Mein Geburtstag fing
wieder mit großem Gratulieren an. ... Viele Briefe und Karten erhielt ich. ...
Anna (Henriettes Schwester) war mit Karl (Sohn) gekommen ...
Dienstag, 16. 9. 1913
Herr v. Streng begab
sich gegen Abend auf Reisen, sein Ziel ist Rügen. Viele glauben es nicht, ich
weiß es nicht genau, weiß seit gestern manches nicht. ... Eiselen fuhr ab.
Mittwoch, 17. 9. 1913
Montag kamen 12 Polen
zum Graben. ... Die Kartoffeln sind sehr im Kraut und klein. ...
Sonnabend, 20. 9. 1913
... Herr v. Streng
schrieb an Else von Saßnitz aus. Jeder fragt sich, ob er allein gefahren ist.
... Else musste heute Knall und Fall nach Hause. Es tritt dort ein Freier für
sie auf. Bin gespannt, was werden wird.
Sonntag, 21. 9. 1913
Ich erhielt den ersten
Gruß aus Saßnitz. ...
Montag, 22. 9. 1913
Kemkes kamen fünf Mann
hoch an. Auch Klempnaner mit, der mir gut gefällt. Es wäre wohl eine gute
Partie für Else, sie scheint ihm zu gefallen. Der alte Herr (Kemke) hatte
wieder mancherlei auszusetzen, er wird immer schlimmer. Bei großem Regen fuhren
sie um ½ 8 Uhr ab.
Dienstag, 23. 9. 1913
... Else geht herum
wie im Traum, die Sache geht ihr nah, vielleicht ist sie schon verlobt?
Mittwoch, 24. 9. 1913
Else bekam heute ihren
ersten Brief von ihrem Bräutigam. Sie hat sich am 22. hier im Saal verlobt. Ich
freue mich herzlich, ihre Zukunft ist gesichert. K. ist als einziges Kind wohlhabend.
Else glaubt ihn zu lieben, doch ist sie ja noch so jung! (20 Jahre). Ich hoffe
aber, die Liebe wird wachsen und groß werden und bestehen.
Donnerstag, 25. 9.
1913
Gestern schrieb ich
den letzten Brief nach Saßnitz. Sonnabend ist R. schon hier. Wir haben jetzt
tüchtig mit Einmachen von Pflaumen, Gurken, Äpfeln zu tun. ... Else erhielt
heute keinen Brief und ist traurig. Wie fühle ich mit ihr, trotzdem die Jugend
schon lange dahin ist.
Freitag, 26. 9. 1913
Gestern Abend ein
Telegramm, daß Herr v. Streng erst Montag kommt. So wird er dann nach M.
(Merseburg) gefahren sein, und die Anzeigen kommen nächstens an. Gestern waren
wir beide sehr traurig, er hatte wieder nicht geschrieben. Else tat mir sehr
leid. Wir gingen weit spazieren, und ich redete ihr gut zu. ...
Else heute sehr
glücklich, drei Briefe kamen an. Gott erhalte Dir, mein Kind, Dein großes,
großes Glück! Dir geht es ja viel besser als anderen, du kannst den Mann heiraten,
den du liebst, und wenn das nicht geht, ist es ein großer Jammer.
Montag, 29. 9. 1913
R. kam erst am
Nachmittag zurück, wohl und frisch, wie könnte es auch anders sein. ..
Herr Bernhard Ehlers kam einen Bock schießen und blieb zur Nacht.
Dienstag, 30. 9. 1913
Bei köstlichem Wetter
fuhren wir mit Else um 9 Uhr zu Gerlachs nach Lyck. Else zu Mittag bei
Gerlachs, ich bei Schefflers. Kaffee trank ich bei Frau Neumann, bei der ich
einige Stunden weilte. Auch bei Emma sprach ich an, die mich noch zur Stadt
begleitete. Der Abend bei Schefflers mit einiger Jugend, zur Feier von Werners
Geburtstag geladen. Um 11 Uhr waren wir zu Hause.
Mittwoch, 1. 10. 1913
Familie v. Streng,
Lötzen, schickte mir noch einen Dank für die freundliche Aufnahme. ...
Abends Herr v. Streng
mit Else auf Anstand, kein Hase. Dann kamen Borkos, unverändert in jeder
Beziehung. Dann gab es wunderbare Krebse, dazu Mosel.
Donnerstag, 2. 10.
1913
Wunderbar schönes
Wetter. Die Herren fuhren auf den Druglin. Else und ich gingen ihnen am Abend
entgegen, es wurde spät. ... Abends gab es großes Krebsessen.
Freitag, 3. 10. 1913
... R. schoß den
ersten Hasen.
Sonnabend, 4. 10. 1913
Frau Borkos
Geburtstag, den wir still verlebten. Else fuhr nach Hause. Er kommt hin, und
die Verlobung wird nun hoffentlich steigen. Martin (Kemke *1897) kam her, darf
nur 8 Tage bleiben, da das Zeugnis schlecht ist. Anna schrieb aus Königsberg,
sie traf Prof. Ask. (Askenazy, Arzt) nicht zu Hause an, sie ist sehr verärgert,
aber selbst Schuld daran, weil sie sich nicht vorher erkundigt hat.
Sonntag, 5. 10. 1913
Von Beerbohm der
Geburtstagsbrief ... Auch ohne Else ging alles glatt und schön. Marie hatte
alles köstlich gekocht, ich brauchte nur abzuschmecken.
Montag, 6. 10. 1913
Sonst wurden heut hier
große Feste gefeiert, Herr v. Streng Sen. Geburtstag (1838 – 1894). Borko trug
ihm einen netten Strauß hin (auf das Familiengrab). R. krank, er hat zu viel
gegessen, schade. Abends kamen Else und Rieke (Erika Kemke *1895), letztere nur
für einen Tag. Sie erzählten von der ganzen Verlobungsgeschichte, die sehr
amüsant war.
Dienstag, 7. 10. 1913
... Abends herrliche
Krebse, von Borkos gespendet.
Mittwoch, 8. 10. 1913
... Rieke hatte
Nachurlaub und fuhr heute.
Donnerstag, 9. 10.
1913
Borkos kupferner
Hochzeitstag, den wir mittags mit Eis und abends mit Mosel und Krebsen
feierten. Herr v. Streng überreichte ein kupferne
Kanne. Alle waren gerührt, besonders Lotte, die an den Tag gar nicht gedacht
hatte.
Freitag, 10. 10. 1913
... Herr v. Streng
nach Lötzen, er besuchte auch Homms, wo alles wohl und munter ist.
Sonntag, 12. 10. 1913
Eigentlich sollte Homo
heute hier sein, doch sagte uns eine Karte, daß Eiselen dort (Lötzen) war. Am
Nachmittag Fuchsdrücken ohne Erfolg. Martin schoß gestern seinen ersten
Taucher.
Montag, 13. 10. 1913
... Herr v. Streng
heute zum Kr. (Kreistag). ...
Dienstag, 14. 10. 1913
Annas Hochzeitstag ...
Herr v. Streng fuhr über Klein Gablick zum Begräbnis von Herrn Nagel. ... Frau
Borko half ich beim Packen, sie rollten um 2 Uhr ab. ... Else brachte die
Lenzen zur Bahn, die nun glücklich die ganzen Ferien hier waren.
Freitag, 17. 10. 1913
Von Frl. Lotty ein
langer Brief. ... Am Nachmittag fuhr ich gen Jucha und hatte dort eine Stunde
Aufenthalt. Herr v. Streng und Tilly (Kemke) kamen an und leisteten mir noch
ein Weilchen Gesellschaft. Bis Lötzen fuhr ich allein, Lotte (Annas Tochter) war
auf der Bahn, frisch und munter. Ich begab mich zu Frl. Süß, wo mir 5 Plomben
schmerzlos gemacht wurden. Bei Homms fand ich alles im Lot.
Sonnabend, 18. 10.
1913
Hell und klar brach
der große Tag an, der zur hundertjährigen Wiederkehr der Schlacht bei Leipzig
gefeiert wird. Am Festgottesdienst nahm ich teil ... und sah mir dann noch das
militärische Schauspiel auf dem Markt. ... Zum Kaffee ging ich mit Lotte zu
Rievers und holte dann Homms zum Abend ab, während sich Lotte nach Hause begab.
...
Sonntag, 19. 10. 1913
Morgens ging ich noch
ein Weilchen zu Frau Rievers, dann nahm ich Abschied von Homms. Lotte brachte
mich zur Bahn. Ich traf Wisbar, mit dem ich bis D. (?) fuhr. Lotte empfing
mich, und bei schönstem Wetter machten wir noch einen Spaziergang durch D.
Dienstag, 28. 10. 1913
Rückkehr nach Berghof.
Mittwoch, 29. 10. 1913
Anna schrieb von Ask. (Askenzy,
Arzt in Königsberg) aus, sie muß viel leiden und ist tief unglücklich. Arme
Seele, nur Gott kann ihr helfen. ... Tilly fuhr ab, R. und Else brachten sie
hin und fuhren dann zu Heus (Heumanns, Klein Gablick).
Donnerstag, 30. 10.
1913
R. ist so nervös, wenn
auch nicht ganz so schlimm wie vor einem Jahr. ... Ich schrieb an Frl. Lotty
und bat sie, Anna aufzusuchen, ebenso Fr. Borko. Herr Hudel war hier, R.
brachte ihn mit Else zur Bahn.
Freitag, 31. 10. 1913
...R. fuhr schon früh
nach Lötzen. Gegen Abend machten wir mit ihm noch einen weiten Spaziergang
durch den Wald.
Sonnabend, 1. 11. 1913
Schon früh gab ich
meine Anweisungen für mein letztes Erntefest in Berghof, alles ging nach Wunsch
und voll befriedigt konnte ich am Abend auf mein Werk blicken! Du Maire sagte
es mir wenigstens, daß ich mich sehr gut zum Leiten so einer Sache eigne. Er
muß es ja wissen mit seinen 22 Jahren. ... Von Anna die Nachricht, daß sie ein
Blasenleiden hat, weiteres bleibt abzuwarten. ... Mir ist zu Mut, als bereite
sich in Bälde hier etwas vor, vielleicht eine Reise. Der 6. ist ja vor der
Türe, und es sollte mich wundern, wenn er nicht hinfährt. Die Maler sind fort,
die Salons sind fertig. Das neue Billardzimmer ist sehr elegant.
Sonntag, 2. 11. 1913
... Mittags sagte mir
Herr v. Streng: Am Nachmittag fahre ich fort, packen Sie mir die Sachen. Auf
meine Frage wohin, nach Merseburg. Ach, wie lange habe ich auf dieses Wort
gewartet. Nun habe ich es vernommen, und es ist gut. Ich bin gespannt, wie
lange es nun noch mit den Anzeigen dauert. Am 10. abends
kommt er heim. Nun wird wohl alles mit der Hochzeit besprochen werden. Arme,
arme Beerbohms. Ich fürchte noch immer etwas von Willys Seite. Arme, arme Lotte,
wie viel Schweres schickte Gott ihr, soll das alles ungerächt bleiben? Ich
glaube es nimmer. ... Else brachte Onkel zur Bahn, er fährt nach Königsberg.
...
Montag, 3. 11. 1913
Von Anna die
Nachricht, daß sie Sonntag heim fuhr. Sie will nicht
mehr nach Königsberg, sondern die Zeit abwarten, wenn es sich mit ihrem
Blasenleiden nicht verschlimmert. Froh wird Anna sein, wenn sie hört, daß ich
sie pflegen kann und bei ihr bleiben werde, bis sie ganz gesund ist. ... Das
Wetter ist schön, wir genießen es mit Else bei schönen Spaziergängen.
Dienstag, 4. 11. 1913
Die Zimmer werden
gereinigt, es ist schon spät geworden, das Wetter aber dafür mild und schön.
Zum letzten Mal geschieht dies alles unter meiner Leitung. So hat alles ein
Ende im Leben, wenn das Fortgehen nur nicht so schwer wäre.
Mittwoch, 5. 11. 1913
... Mit Else ging ich
ein weites Ende spazieren. Gut, daß wir zusammen sind. Man kann dem anderen
dann sagen, was einen bewegt, und das Herz ist nicht so schwer.
Donnerstag, 6. 11.
1913
An Gretel (Grete
Beusch) hatte ich zu heute geschrieben und an R. einen Brief eingelegt. Auch
von ihnen kam Nachricht, daß es ihnen gut geht. Das glaube ich. Ob es immer so
sein wird? Der alte Mann, 10 Jahre älter als andere in den Jahren und das junge
Weib! Doch jeder schmiedet sich ja selbst sein Glück. Von Idel (Ida Homm) ein
lieber Brief. Auch sie sind traurig und verzagt und erwarten die Anzeigen.
Ebenso schrieb Anna über ihr Leid. Mein Gott, es kommt viel mit einmal! Sonntag
fahre ich heim. ... Else heute zu Hause, wo sie ihrer Liebe wegen auch viel zu
hören bekam.
Freitag, 7. 11. 1913
Am Vormittag kam Frau
Kemke, mit Else soll alles aus werden, wünschen die Eltern. Bin gespannt, was
da werden wird. Else ist äußerlich ruhig und sogar fröhlich, wenn wir mit
Du Maire abends zusammen sind. Sie ist ja noch so jung, und dann hat sie ja
auch nicht durch ihn die Enttäuschung erlebt. ...
Sonnabend, 8. 11. 1913
Ich hatte heute ganz
bestimmt die Anzeigen erwartet, sie kamen nicht. Das verstehe ich nicht! ...
Ich wirke in der Wäsche, flicke und stopfe mit Macht, damit alles in Ordnung
ist, wenn die junge Frau einzieht.
Sonntag, 9. 11. 1913
Am Nachmittag begab
ich mich nach Pammern, wo ich Anna in Sorgen fand. Wir besprachen, daß ich an
Clara schreibe. Hoffentlich ist sie noch da und kann kommen. Anna fährt dann
nach Königsberg und Gott wird ihr helfen. Jetzt sieht es traurig mit ihr aus,
in zwei Wochen hat sie 7 Pfund abgenommen. Es ist ein Elend. Sonst ist alles
schön zu Hause, auch Lotte dort. Um ½ 8 war ich hier. Gebe Gott, ich sehe Anna
sorgloser wieder.
Montag, 10. 11. 1913
R. schrieb, er kommt
heute nach Widminnen. Ich schrieb an Clara. Hoffentlich kann sie zu Annas
Vertretung hin, ich wäre froh. ... Mit Else nach dem Kaffee schöner
Spaziergang, zum Schluß Mondschein.
Dienstag, 11. 11. 1913
Martini, von hier zog
nur Brandt nach Westfalen ab, Kolpack blieb. Mine zog von hier, und Marie folgt
erst später, da wir noch kein zweites Stubenmädchen haben. ...
Donnerstag, 13. 11.
1913
R. früh zur Taxe ...
Freitag, 14. 11. 1913
Anna schrieb mir, daß
Clara zu ihr kommen wird. Nun fragt es sich, ob sie schon nach Königsberg
fahren kann ... R. schreibt und zeichnet viel. Ich bin gespannt, was da
herauskommen wird.
Sonnabend, 15. 11. 1913
... Von Homms die
erfreuliche Nachricht, daß heute Mittag eine kräftige Dorothea glücklich
eingetroffen ist. Die Freude ist groß, besonders bei Idel, und ich freue mich
mit ihr. ...
Drei neue Mädchen sind eingetroffen, möchte ich mich nicht zu lange mit ihnen
plagen.
Sonntag, 16. 11. 1913
... Am Nachmittag ging
alles „Fuchs drücken“, und ich erledigte meine Briefe, indem ich an Anna, Homms, Gretel Beusch und Frau
Sandmann schrieb. Anna fährt Ende dieser Woche nach Königsberg. ... Du Maire
schoß einen alten Fuchs und ist glücklich.
Freitag, 21. 11. 1913
Herr v. Streng zur
Jagd beim Oberförster. ... Anna fährt heute zu Prof. Rosinski (Königsberg). Ich
fürchte, er schickt sie heim. ... Die ersten Pfefferkuchen für die Kinder
wurden gebacken. .
Sonnabend, 22. 11.
1919
Reiche Post, Anna
bleibt bei Rosinski und wird Montag operiert. Schade, daß Herr v. Streng in
Lyck ist. Ich möchte gern nach Königsberg hin und könnte alles in die Wege
leiten. Frau Goldenstedt schrieb ich, daß ich eventuell kommen werde. ... Frl.
Lottchen bat ich, nach Anna zu sehen, falls ich nicht fahren sollte.
Sonntag, 23. 11. 1913
Um 9 Uhr fuhr ich mit Bouvains
nach Lötzen, ging zu Homms, fand Idel sehr munter und weil Frau Kemke auch da
war, ging ich zu Rievers zu Mittag. Dann machte ich mit Lotte einen schönen
Spaziergang. Das Kind ist so tapfer, wenn wir davon sprachen, was der Mutter
bevorsteht. Bei Homms trank ich Kaffee, fuhr ab und wurde in Königsberg von
Rieke und Jessat empfangen. Ich fuhr mit ihnen gleich zur Klinik, wo ich Anna
sprach, die sich sehr über mein Kommen freute. Auch ich bin froh, daß ich hier
bin. Frau Salecker fand ich nicht zu Hause , und bei Goldenstedts schon alle auf mein Kommen
vorbereitet.
Montag, 24. 11. 1913
Der Gang zur Klinik um
9 Uhr vormittags war mir der schwerste, den ich in meinem bisherigen Leben
gegangen bin. Gebe Gott, es wäre der letzte in der Art. Ich wusste, daß die
Operation um ½ 9 Uhr sein sollte, fand aber Anna noch im Operationszimmer. Frl.
Lotty erschien, leistete mir Gesellschaft, und so war das qualvolle Warten
nicht so schlimm, und ich kam auf andere Gedanken. Ich werde es ihr nie
vergessen. Der Professor ließ mich rufen und sagte mir, es wäre höchste Zeit
mit der Operation gewesen. Anna hätte nicht mehr lange gelebt, und sie würde
jetzt wieder ganz gesund werden. Wir gingen, wie von einem Alptraum befreit,
aus der Klinik fort.
Zu Mittag und Kaffee
war ich bei Beerbohms, wo ich auch Karten an Kolbes, Frau Heumann, Frau Kemke,
Lotte, Frau Mahnke, Herrn v. Streng, Frl. Mariak und einen Brief an Willy schrieb.
Zum Abend ging ich zu Borkos. . Frl. Lotty begleitete mich noch, und wir
sprachen viel. Wie froh kann W. (Willy Beerbohm) sein, ich wusste ja vieles
nicht, und R. wird mir immer unverständlicher. Bei Borkos große Freude. Ich
musste viel erzählen. Mit ihren Ansichten kann ich mich aber nicht befreunden,
Widersprüche liebe ich nicht.
Dienstag, 25. 11. 1913
Frau Heu. schrieb mir,
daß sie mich heute Nachmittag erwartet. Gestern durfte ich Anna gegen Abend
noch einen Moment sehen und sprechen. Sie sah ganz wohl aus, hatte aber große
Schmerzen im Leib. Heute Vormittag durfte ich sie nicht sprechen. Bei Heus zu
Kaffee, alle meine Sorgen hat mir Frau Heu. Genommen, lohne es ihr Gott.
Für Herrn Borko kaufte
ich zu morgen ein Alpenveilchen ... Die Stadt ist ja so groß, es gibt so viele
Blumenläden! Anna geht es nicht gut, die Blase funktioniert nicht. Ich fahre
erst Sonnabend.
Mittwoch, 26. 11. 1913
Nachdem ich gestern
bei Beerbohm zu Mittag gewesen, war ich heute bei Frau Salecker und besuchte
auch Frl. Both einen Moment. ... Bei Borkos verlebten wir einen stillen
Geburtstagsabend. Von Else war ein Brief da mit guten Nachrichten. Anna sah ich
morgens und abends, sie hat noch immer große Schmerzen. An Willy (Annas
Ehemann) schreibe ich täglich.
Donnerstag, 27. 11.
1913
Morgens fand ich Anna
besser, der Professor hatte ihr mit den Schmerzen Erleichterung geschafft. Ich
glaube, ich werde Sonnabend fahren können. Gott stehe uns bei in all diesem Leid. Zu Hause sind ihre
Gedanken auch viel, wo Wilhelm mit den Kindern ist, das Mädchen ist neu, Clara schrieb
mir ab. ... Herrn Prange war ich gratulieren und fand die ganze Verwandtschaft
dort vor. ... Bei Frau Salecker aß ich
Mittag und fuhr dann zu Kaffee zu Strengs, die mich in alter Weise begrüßten.
Alle fragen mich, wann die Verlobung in Berghof sein wird. Alle wissen mehr als
ich. Anna fand ich abends ganz munter und war lange bei ihr.
Ich schrieb dort auch an Willy und Else. Zum
Abend war ich bei Gold(enstedts) endlich einmal.
Freitag, 28. 11. 1913
Anna war nicht in
guter Stimmung, die Schmerzen in der Wunde sind groß. Wer weiß, wie lange sie
wird liegen müssen, und der Gedanke, zu Weihnachten nicht zu Hause sein zu
können, betrübt sie sehr. Von R. eine Karte. Zu Mittag war ich bei Borkos. Dann
ging ich den schweren Gang zu Frau H., „Geben ist seliger
denn nehmen“, 500 M erhielt ich wieder und frage mich immer von Neuem, warum
schickt mir Gott diese Hilfe? ... Kaffee trank ich mit Rieke und P. Jessat bei
Schwermer. Dann holten wir Frl. Lotty zum Spazierengehen ab. Mit ihr machte ich
später einen Besuch bei Frl. Wedthoff. Die Dame ist 91 ½ Jahre alt, ist sehr
wenig altersschwach und zeigt ein sehr reges Interesse für alles. ... Zu
Abendbrot war ich bei Beerbohms, wo es sehr nett war.
Sonnabend, 29. 11.
1913
Früh begab ich mich zu
Anna, sie hatte nicht geschlafen, hatte Schmerzen und war in trübster Stimmung,
weinte auch viel. ... Ich sagte ihr Lebewohl. Frl. Lottchen war zur Bahn
gekommen, ich freute mich sehr. ... In Lötzen sah ich Herrn Rievers, bei Homms
alles wohl. ... Hier fand ich alles in Ordnung. R. schon wieder auf dem Sprung
nach Merseburg, wohin er am 1. abreist. Auch Weihnachten ist er nicht zu Hause,
Heilig Abend soll ich allein hier begehen und dann nach Hause fahren, sehr
fein. Die Jagd ist erst Silvester, ich sehe den Sturm der Entrüstung schon. ...
Else holte mich ab, das Wetter ist herrlich.
Sonntag, 30. 11. 1913
R. ist rein wie
ausgewechselt, so redselig. Ich habe immer das Gefühl, er hat kein gutes
Gewissen, Beerbohms gegenüber hat er es ja auch nicht.
Ich muß so viel an Anna denken.
Montag, 1. 12. 1913
Heute keine Nachricht
aus Königsberg, das ist ein gutes Zeichen. ... R. reist schon.
Dienstag, 2. 12. 1913
...Von Frau Beerbohm
erhielt ich sehr gute Nachrichten über Annas Befinden, und das 8 Tage nach der
schweren Operation. ... Als ich mich auf dem Weg nach Pammern befand, setzte
ein schweres Schneegestöber ein. In Pammern fand ich alles wohl und munter, die
Kinder über Annas Fortbleiben schon getröstet. Kinder sind bald zufrieden
gestellt, wenn sie satt sind und ausgeschlafen, brauchen sie nicht viel mehr.
Da das Mädchen, das Martini hinkam sehr gut ist, ist auch Willy ganz vergnügt.
Ich war froh, alles in Ordnung gefunden zu haben. Um 7 war ich wieder hier
(Berghof).
Mittwoch, 3. 12. 1913
Heute werden bei Anna
die Fäden gezogen. ...
Donnerstag, 4. 12.
1913
... Von Frl. Lotty kam
eine Karte, sie berichtet günstig über Annas Befinden. Gebe Gott, es bliebe so
und komme nichts Schlimmes dazu.
Freitag, 5. 12. 1913
Karten von Frau
Goldenstedt und Frau Borko über Annas Befinden, es geht ihr gut, heute soll sie
schon etwas aufstehen.
Sonnabend, 6. 12. 1913
Von Idel ein langer
Brief, die wissen nichts, wie ich das finde! Ja, sie hat Recht, das Drama
beginnt, wie wird es enden? ... R. telegrafierte, daß
er erst morgen Abend kommt.
Sonntag, 7. 12. 1913
Wieder ein Telegramm,
Eintreffen erst morgen, gut so. ... In der Nacht hat es geschneit, leider zu
warm, als daß man Schlitten fahren könnte. ...
Montag, 8. 12. 1913
Von Anna leider die
Nachricht, daß sie Venenentzündung hat. Mein Gott, wie lange wird sie nun
liegen müssen. ... R. kam vergnügt an, brachte mir Grüße und erzählte viel.
Wenn er es auch noch nicht ausgesprochen hat, daß er sich verlobt hat, so
sprachen wir doch schon mancherlei, z. B. daß die Möbel schon bestellt sind ...
Von Fr. Homm schlechte Nachrichten über ihr Bein.
Dienstag, 9. 12. 1913
Ich um 8 ½ Uhr per
Schlitten nach Widminnen. Leider hatten wir Schneesturm, im Pelz gehüllt merkte
man wenig davon. Bei Kemkes nur die Damen zu Hause, es war sehr, sehr nett
dort. ... um 6 Uhr erst zu Hause.
Mittwoch, 10. 12. 1913
Mutters Geburtstag;
wie nett war es früher oft an diesem Tage! Zufällig kam ich nach Pammern, da
Herr v. Streng in Mallinken zu tun hatte und mich mitnahm. Ich freute mich
sehr. Wieder fand ich alles in Ordnung ...
Donnerstag, 11. 12.
1913
Um 9 Uhr nach Lyck,
dann schnell mit Else Besorgungen, zum letzten Mal! Von Frl. Beerbohm eine
kurze Karte, Anna geht es schlecht, Gott helfe uns. ... Herr v. Streng in
Lötzen, war bei Homms. Idel traurig, ich soll hin, ihr die Besorgungen machen.
Freitag, 12. 12. 1913
Elses (Kemke) Geburtstag.
Tilly (Elses Schwester) und die jungen
Ehlers-Damen mit Frau Stetter hier, sehr nett. ... Ich schrieb an Willy
Beerbohm, Anna und Gretel B. (Beusch), von der ich gestern einen Brief hatte.
Sie will R. ein Kissen zum Stuhl schenken und verlangte die Maße.
Sonnabend, 13. 12.
1913
Von Anna eine sehr
traurige Karte, es geht ihr sehr schlecht, Gott helfe uns! ... Ich weiß nicht
wo mir der Kopf steht. Zu Idel will ich am Montag hin. Anna hat nun auch im
rechten Bein Entzündung, außerdem immer Erbrechen, es ist trostlos.
Montag, 15. 12. 1913
Früh um ½ 6 Uhr bei
furchtbarem Schneegestöber zur Bahn nach Jucha und dann weiter nach Lötzen. Von
Frl. Lotty ein Brief, der mich etwas beruhigte. Die Schmerzen haben etwas
nachgelassen.. Herr Beusch ist auch bei Anna gewesen.
... Bei Homms fand ich alles munter und auch Idel ganz frisch. Es geht ihr ja
auch gut, bis auf die Wunde, die nicht heilen will. Ich machte alle Besorgungen
für Frau Homm, Lotte und Herr Homm begleiteten mich am Nachmittag. Auch bei
Rievers war ich ein Weilchen, sie nach dem Abendbrot bei uns. Er brachte mich
zur Bahn. ... Lotte scheint sich bei Bromms(?) nicht mehr wohl zu fühlen, ich habe
das befürchtet, wenn sie älter wird (*1903). Sie weinte viel, armes, kleines
Ding. Ich tröstete sie, so gut es ging.
Dienstag, 16. 12. 1913
Wir schlachteten, dann
machte ich am Abend noch Pralines. Auch die beiden Zimmer wurden noch
provisorisch für die Jagd eingerichtet. Oh Gott, ich kann gar nicht sagen, wie
mir zu Mute ist bei dem Gedanken an die Zukunft, es ist alles ein böser Traum.
Mittwoch, 17. 12. 1913
R. für heute und
morgen nach Lötzen. Mir ist am wohlsten, wenn ich mit meinen Sorgen und meiner
Arbeit allein bin. Anna schrieb, es geht ihr etwas besser, nur ist das rechte
Bein so sehr geschwollen, Nun sie sich damit abgefunden hat, Weihnachten dort
zu bleiben, wird es auch mit ihren Nerven besser gehen.
Donnerstag, 18. 12.
1913
Ein munterer Tag, 18
Würste wurden fertig, v. Lojewski war da. Alles Fleisch zur Kochwurst wurde
fertig. Von Grete Beusch ein Brief, sie will Wurst kaufen!
Freitag, 19. 12. 1913
Herr v. Streng war in
der Nacht nach Hause gekommen. Von Homms brachte er trübe Nachrichten. Sie
liege an Venenreizung, Tilly ist dort bis Montag; Herr v. Streng engagierte
heute in Lyck eine Pflegerin. Wie unglücklich wird Idel wieder sein, die
Ärmste. ... An Wilhelm (Annas Ehemann, Pammern) schrieb ich ein paar Zeilen und
schicke morgen Wurst hin. ... Großes Wurstfest, alles gut geraten, wenig
geplatzt.
Sonnabend, 20. 12. 1913
Von Anna eine Karte, hoffnungsvoller, nur die Blase macht ihr Sorgen.
... R. zur Jagd in Pammern, das Wetter ist schön. Ich formte von 4 Pfund Mandeln Marzipan und
hatte mit
7 Formen 126 Stück. ... Enten wurden geschlachtet.
Sonntag, 21. 12. 1913
Von Frl. Lottchen ein sehr ausführlicher Brief. Mit Annas Beinen geht
es besser. ... Am Vormittag wurde Marzipan in der Schmiede gebacken ... Der
Nachmittag verging mit Packen zur Reise nach Merseburg. Es war eine
fürchterliche Brautfahrt, die Herr v. Streng abends antrat, ein Wetter! Ob
dieses ein schlechtes Omen für die Zukunft ist? ... Ein Glück, auf den Trümmern
eines anderen aufgebaut, kann nie zu einem guten Ende führen. ...
Montag, 22. 12. 1913
Heute Schnee und
Regen. Ich vollendete meine Briefe und schrieb an Frau Homm und Frau Borko und schickte an alle die üblichen
Päckchen, zum letzten Mal. Wer hätte das vor zwei Jahren gedacht? Else und Du
Maire putzen den Baum ...
Dienstag, 23. 12. 1913
Die letzte Bäckerei
geriet gut und abends konnte ich in aller Ruhe für
Else und Du Maire den Weihnachtstisch schmücken. Du Maire ist ein verständiger
Mensch und so dankbar für alles. ... Anna schrieb, daß ihr der Magen noch
versagt, das ist schlimm genug.
Mittwoch, 24. 12. 1913,
Heiligabend
... Else und Du Maire
fuhren schon am Vormittag ab, und ich machte mich mit Mariechen ans Aufbauen
der Tische. Um 4 Uhr war die Bescherung für alle, wohl gelungen und mich ganz
befriedigend. Gedichte ließ ich mir nicht aufsagen, die Kinder sangen nur. In
einer Stunde war alles vorüber, und ich fuhr heim (nach Pammern), von den
Kindern schon mit Schmerzen erwartet und mit Jubel begrüßt. Das Wetter war
miserabel, leichter weicher Schneewind. ... Nachdem ich mit Lotte alles
aufgebaut, wurde der Baum angesteckt, gesungen und Gedichte aufgesagt. Alle
machten ihre Sache sehr gut, nur Lotte versagte ganz vor Weinen und Bangen nach
der Mutter. Lotte ist mit ihren 11 Jahren ein so verständiges Kind mit reichem
Empfinden. Endlich gelang es mir, auch sie zu beruhigen. ...
Spät kam man zum Essen,
und dann eilte ich heim (nach Berghof), wo ich um 11 Uhr eintraf. Von Streng
hatte ich außer 30 M einen silbernen Serviettenring und den Gothaer Hofkalender
bekommen, ich freute mich über alles sehr. Letzter Heiligabend hier!
Donnerstag, 25. 12.
1913
Von Willy B.
(Beerbohm) eine liebe Karte. Dann noch Grüße von Borkos, das Geschenk bringt er
mit. An Anna schrieb ich einen langen Brief ...
Freitag, 26. 12. 1913
Die erwarteten
Anzeigen kamen nicht, sie kommen überhaupt nicht. Streng schrieb mir, daß er
sich mit Frl. B. (Beusch) verlobt hat, Anzeigen aber schicken sie nicht! Man
kann das verstehen. Sie will wohl nicht so kurz nach der ersten Verlobung ein
Gerede über die zweite machen. ... Am 23. Januar ist bereits die Hochzeit, und
ich nehme an, daß sie dann eine Reise machen, da hier doch noch alles in
Ordnung zu bringen ist! ... Na, die Gegend wird viel zu reden haben ...
Sonnabend, 27. 12.
1913
Sonst immer heute
Jagd. Gut, daß sie nicht ist, das Wetter ist miserabel, Regen vom Morgen bis
zum Abend. ... Von Lottchen B. ein lieber Brief, Anna geht es besser. Gebe
Gott, es bliebe dabei.
Sonntag, 28. 12. 1913
Von Beuschs erhielt
ich auch eine Einladung zur Hochzeit. Natürlich fahre ich nicht hin, so weit
usw. ...
Montag, 29. 12. 1913
... Else kam gestern
Abend. Trotzdem die Schwestern (Mathilde Kemke, Ida Homm) alles kommen sahen,
waren sie von der „Tatsache“ doch ganz kaputt. Besonders Idel, der es mit dem
Fuß schlechter geht. ... Herr v. Streng kommt morgen ...
Dienstag, 30. 12. 1913
Mein Schicksal ist
entschieden, ich bleibe bis zum 1. 4. 1914. Ich werde mich schon behaupten,
wäre nur erst alles vorüber. So leicht wird es mir nicht werden, das junge
Glück hier zu sehen und still dabei zu sein, wo ich sie mal anders glücklich
sah, armer Willy (Beerbohm)! ... Abends kamen Glogan, Borko, Homo, Herr v. Streng
an. Aber eine Vergnüglichkeit kam nicht auf. ...
Mittwoch, 31. 12. 1913, Jagdtag
½ Stunde später als
sonst fing die Jagd an; 15 Schützen waren versammelt ...
Ottchen Ganter war
Jagdkönig mit 13 von 84 Hasen. Er bot mir eine Stelle an, doch dankte ich. Erst
muß Anna gesund werden, dann gehe ich fort. Alles ging glatt und gut. Um 5 Uhr
war alles fort. Strammer Frost, -8°. Abends still beim Punsch, vorher noch viel
über die Einrichtung gesprochen mit Borko und Glogan. Nun lebe wohl 1913, warst
das schwerste meines Lebens bis jetzt!
Donnerstag, 1. 1.
1914, Neujahr
Schönes Frostwetter
... Frl. Lotty schrieb mir, daß es mit Anna in alter Weise geht, immer der
Magen, der jetzt das Sorgenkind ist. Karten u. a. von Frau Homm, die Ärmste
liegt auch wieder fest, armes Weib. ... Nachmittags Treiben in Karlowen, ein
Hase! Abends beschauliches Sitzen bei schönem Gaslicht. Ich werde es nicht mehr
lange haben. Wie oft ermahnte ich mich in meinen Blättern: sprich nicht zu laut
von Deinem Glück! Und nun ist mir zu Mut als wenn es bald ausklingen wird.
Freitag, 2. 1. 1914
Die Herren bei -6° C zur
Jagd in Hohenau. ... Es schrieb Onkel Schneegluth und Liesel aus Kattenau. ... Um ½ 7 Uhr die Herren zu Hause. ... Über
drei Wochen seine Hochzeit, wir sprachen darüber. Kärglich laufen die
Glückwünsche ein.
Sonnabend, 3. 1. 1914
Morgens Regen, die
Herren im Schlitten zur Jagd nach Klein Gablick, dann Schnee und Frost. ... Von
Anna gute Nachricht. Gebe Gott, daß das
ein gutes Omen für das Neue Jahr sein möchte und wir sie bald zu Hause hätten.
Sonntag, 4. 1. 1914
Glogan und Borko
fuhren ab, ob ich sie noch einmal hier begrüßen werde, weiß Gott. Dann fuhr ich
heim (nach Pammern), wo ich alles in Ordnung fand, bis auf Löcher in Mantel und
Kleidern, die ich zunähte. Regen und Schnee, gute Schlittbahn.
Montag, 5. 1. 1914
Gestern sprach ich mit
Herrn v. Streng noch viel über die neue Einrichtung. Das wird alles sehr fein
werden. ...
Dienstag, 6. 1. 1914
Herr v. Streng in Lyck
und Lötzen, erst in der Nacht zurück. Zu Homms geht er nicht, erklärte er mir
gestern. Dabei fragte er mich, ob die Geschwister mit ihm brechen wollen. Ich
sagte nein. Ach, es ist alles so furchtbar traurig. Ich kann es ihm doch nicht
sagen, warum sie alle so gegen die Heirat sind! Soll er sie doch selbst fragen.
... Von Anna wieder eine gute Nachricht. Nach langer Zeit ging ich wieder durch
die Wirtschaft. „Es ist manches faul im Staate Dänemark“. Ich lese „Peter der
Große und sein Sohn Alexei“.
Mittwoch, 7. 1. 1914
Mit Else ging ich ein
Endchen spazieren, lange taten wir es nicht. ...
Donnerstag, 8. 1. 1914
Mit Rievers sprachen
wir, Frau Homms Fuß wurde durchleuchtet, der Knochen soll gesund sein, gebe es
Gott. H. (Homm) hofft, daß der Fuß nun
heilen wird. ... Das erste Ausstattungsstück, ein Ecksofa, traf ein. Herr von
Streng freut sich wie ein Kind. Wie lieb muß er das Mädchen haben, daß er sich
über alles hinwegsetzt. Von den Geschwistern meldet sich niemand, es ist wohl
alles aus. Armes Idel, wie tust du mir leid!
Freitag, 9. 1. 1914
Von Anna eine Karte,
es geht ihr dauernd besser. ... Heute kam die Nachricht, daß Borko auch
abgesagt hat, was Herrn v. Streng leid tut, was er aber erwartet hatte ...
Sonnabend, 10. 1. 1914
Von Idel endlich auch
Glückwünsche an Herrn v. Streng, wie freue ich mich darüber, nun kann noch
alles gut werden. Idel lud uns zum 16. ein (Geburtstag von Sohn Ernst). ...
Herr v. Streng fuhr um 9 Uhr bei gräßlichem Wetter nach Königsberg zur
Hochzeit.
Sonntag, 11. 1. 1914
Heute friert es Stein
und Bein, -12°. Leider ist die Schlittbahn nicht durchweg gut, nach Lyck muß
mit Wagen geschickt werden. ... Herr v. Streng kam abends an, und wir verlebten
noch einen sehr gemütlichen Abend, der letzte in der Art als Junggeselle! Mir
ist es noch immer rein unmöglich, daran zu denken, daß alles anders wird.
Montag, 12. 1. 1914
Von Anna heute wieder
sehr gute Nachricht, bliebe es weiter dabei! ... Herr v. Streng zur Jagd in Neuhoff, wir am Abend
sehr gemütlich zusammen mit Du Maire.
Dienstag, 13. 1. 1914
Da Herr v. Streng erkältet ist, sagte ich zur Jagd in Jucha für ihn ab.
...
Mittwoch, 14. 1. 1914
... Am Nachmittag fuhr
ich bei herrlicher Schlittbahn und -9° mit Else nach Jucha, wir holten einen
Brief ab.
Donnerstag, 15. 1.
1914
An Frau Homm schrieb ich
zu Ernstchens Geburtstag. Sie wird traurig sein, daß niemand von uns hinkommt. Else
verließ uns heute, ihr wurde der Abschied sehr schwer; kein Wunder, sie war so
gerne hier! Weiß Gott, wie sich ihre
Wege nun gestalten werden und was aus ihrer Verlobung herauskommt. Wird er treu
zu ihr halten? Ich brachte Else nach Jucha. Die Schlittbahn war köstlich.
Freitag, 16. 1. 1914
Morgens deckte ich
eine Diebesgeschichte auf. Zwei Mädchen hatten einem dritten Geld genommen und
es dann geteilt. Als Reue mußten sie je 5 M ans Krüppelheim zahlen.
Sonnabend, 17. 1. 1914
Die Möbel kamen an.
Bei jedem Stück musste ich an Willy (Beerbohm) denken, wie er früher mit G.
(Grete Beusch) alles besprochen hatte. ...
Von Herrn Heumann, Klein
Gablick, erhielt ich die Anfrage, ob ich in sein Haus kommen würde, um ihm die
Korrespondenz etc zu führen? Da ich weiß, daß ich mich dazu nicht eignen würde,
sagte ich dankend ab. ... Abends saßen wir mit Du Maire noch sehr gemütlich
beim Glas Rotwein, Herr v. Streng war sehr vergnügt.
Sonntag, 18. 1. 1914
Der Nachmittag verging
mit Packen, und gegen Abend kam Dr. Pfeifer und brachte die Lenzen mit, die
selig waren, wieder mal hier sein zu dürfen. ... Nachdem Dr. Pfeifer
abgefahren, saßen wir noch lange auf und tranken das letzte Glas Rotwein im
Junggesellenheim. Auch bei den Bekannten in Lyck nur eine Stimme: Das alte
Berghof ist dahin.
Montag, 19. 1. 1914
Else hatte ich gestern
geschrieben, daß ich sie heute besuchen werde. Morgens schnitt ich von den
großen Myrthen Zweigchen zum Brautkranz, wie wird es werden? Ich muß immerfort an das denken, was nun kommen muß. An Else Kemke hatte ich gestern
geschrieben, und heute gab ich alles, was sie noch hier hatte, nach Widminnen
mit.
R. fuhr am Vormittag
sehr glücklich ab. – Mit der jungen Frau, die ich zuletzt als Willys Braut
gesehen, kommt er wieder, noch scheint das alles mir undenkbar.- ...
Die Schlittbahn nach
Pammern war wunderbar. Ich fand dort alles vergnügt, bis auf Willy (Annas
Ehemann), der erkältet ist. Else mit ihren 9 Jahren so verständig. Nachdem ich
viel geflickt und Kaffee getrunken, fuhr ich heim (nach Berghof), wo ich einen
langen Brief von Else (Kemke) vorfand. Aus jeder Zeile sprach das Bangen nach Berghof,
arme Elske, nie mehr wieder!
Dienstag, 20. 11. 1914
Am Vormittag schrieb
ich noch an R. und schickte die Torten ab. Nachmittag ging es nach Lyck, die
Fahrt war herrlich, vielleicht zum letzten Mal von hier. Bei Strehls zu Kaffee
... bei Gerlachs war ich nur ein Weilchen ... Um 9 Uhr zu Hause.
Mittwoch, 21. 1. 1914
Von Frau Homm hatte
ich gestern einen langen Brief. Sie rät mir, daß ich mir die Sache mit Heumanns
doch sehr überlegen soll, wie hat sie recht! ... Von Anna erhielt ich die
Nachricht, daß sie Sonntag heraus darf und von Willy abgeholt wird. Gebe Gott,
Anna bliebe jetzt bei den Ihrigen und erhole sich ganz. ... Else schickte mir
einige hübsche Bilder mit einigen Zeilen. An R. schrieb ich den Hochzeitsbrief.
Donnerstag, 22. 1.
1914
Von Else hörte ich, daß
Frau Beerbohm krank ist und Idel schreibt, daß Willy krank und zu Hause ist.
Von dort höre ich nichts, Frl. Lotty schweigt schon seit Neujahr. ...
Else sandte ich einen langen Brief. Sie freut sich, jetzt noch von Berghof zu
hören, bis sich allmählich alles vermischt, und nur die Erinnerung an Erlebtes
bleibt. ... An Eiselen schrieb ich. Lotte schickte ich den letzten Rest Wäsche
mit einigen Zeilen. Ich dachte, sie wird am 1. nach Hause kommen, um die Mama
zu begrüßen. Gebe Gott, Anna würde jetzt gesund.
Freitag, 23. 1. 1914
Herrn v. Strengs
Hochzeit in Merseburg. Nun gibt es zwei glückliche Menschen mehr auf der Welt,
doch muß man wünschen, es bliebe so. Ich
werde die Angst nicht los. – Auch wir feierten Hochzeit mit Braten, Fladen, Torten,
Sekt, und abends tanzten Knechte und Mädchen. Zum Kaffee erschienen Tamms. ...
Dann meldete sich endlich Frl. Lotty. Die Arme, was hat sie wieder
durchgemacht, die Mutter krank und die Hochzeit vor der Türe. Von Willy
schreibt sie gar nichts, und ich hätte so gern gewusst, wie es ihm geht. ...
Von Frau Borko eine Karte, sie hatte Anna besucht und schrieb mir, wie gut es
ihr geht. ... Abends tranken wir in Gedanken an die Hochzeitsfeier in Merseburg
mit Du Maire eine Flasche Sekt.
Sonnabend, 24. 1. 1914
Von Herrn v. Streng
eine Karte, er wusste nicht, daß Ehlers zu seiner Hochzeit kommen wollten. ...
Ich schrieb an Frau Borko und an Tribukeit, bei dem ich mich nach Willy
erkundigte.
Sonntag, 25. 1. 1914
Anna hatte mir
geschrieben, daß sie nun glücklich die Klinik verlässt. Die Operation allein
hat 300 M gekostet und alles Übrige 600 M. Wie gut, daß man nicht alles allein
zu bezahlen brauchte. ... Ich muß viel an Klein Gablick denken.
Montag, 26. 1. 1914
... Die Schränke kamen gestern an. Heute der
Tapezierer, um das grüne Zimmer mit Fries zu belegen.
Dienstag, 27. 1. 1914
Von Frau Heumann ein
Brief, den ich so nicht erwartet hatte. Noch einmal will sie mir helfen und
alles bezahlen, lohne es ihr Gott! Auch Else machte ihrem Herzen mal wieder
Luft. Jede Zeile spricht davon,, wie sie noch immer in
Berghof ist. Und mir soll es bald ebenso gehen? Ich kann es nicht glauben,
nicht fassen! ... Heute steht auch Herrn v. Strengs Vermählungsanzeige in den
Zeitungen drin, lange sah ich sie schon im Geist. ...
Mittwoch, 28. 1.1914
Ich flickte und
stopfte und packte und fuhr am Nachmittag im Einspänner mit August nach
Pammern. Anna fand ich im Bett, aber ich fand sie doch zu Hause, und wir waren
alle glücklich darüber. Anna hat sich in den letzten Wochen bereits etwas
erholt und sieht nicht mehr so elend aus. ... Vielleicht wird sie noch ganz
gesund. Anna würde sich wohl sehr freuen, wenn ich hier bliebe. Werde ich es
können und vermögen?
Donnerstag, 29. 1.
1914
Von Lotty (Beerbohm)
ein Brief. Die alte Dame und Willy sind krank. Armer Willy, wann wirst Du zur
Ruhe kommen? Ich kann es nicht verstehen, daß er einem Menschen so nachtrauert,
der ihn so verließ. ... Frau Sandmann sandte mir eine kurze Beschreibung der
Hochzeit. Sie war reizend und die Familie von ausgesuchter Liebenswürdigkeit zu
ihr. Am besten scheint ihr Beusch gefallen zu haben. Das junge Paar soll
strahlend glücklich gewesen sein. Gebe Gott, es bliebe so. ... Wir flochten
Kränze und stellen Triumphbögen auf und holen die Fahne raus, die verstaubt und
vermottet lange lag .
Sonnabend, 31. 1. 1914
... Die letzten Kränze
sind fertig, alles bereitet, nun können sie kommen. Wo bin ich übers Jahr?
Sonntag, 1. 2. 1914
Von den Reisenden
nichts zu hören. ... Fr. Beusch schickte mir noch etwas Hochzeitskuchen. Abends
kam das Telegramm aus Berlin, das ihre Ankunft meldete.
Montag, 2. 2. 1914
Mittags kamen Strengs
an, würdig von uns empfangen. Die Ehrenpforten sahen gut aus, die Fahne wehte
vom Dach. In ein schönes warmes Nest zieht die junge Frau, nicht jedem wird es
zuteil! Der Preis – ein alter Mann – nicht für jeden wäre das! Ein Glas Sekt
gab es zu Tisch, man sah nur Glück, Glück, Glück, und mein Herz war mir so
schwer! – Mit einer Sicherheit tritt G. (Grete) auf und macht, als ob vorher
nichts gewesen wäre. Sie kann alle sehr gut ansehen. Nicht lange und sie hat R.
vollständig unter dem Pantoffel. ...
Dienstag, 3. 2. 1914
... Es meldete sich
Else, die der Tante (Grete) Kissen schickte, die sie und Rieke gestickt haben.
Mittwoch, 4. 2. 1914
... Wie verwöhnt R.
seine Frau, wie leid wird ihm dieses noch mal tun!
Donnerstag, 5. 2. 1914
Gestern kam der
Fischer, und wir aßen zum Abend bereits die ersten Bratbarse. Gawlick fängt
wenig, kaum für seine Leute und für uns. ...
Eine Äußerung der Gnädigen verstimmte heute Du
Maire. Na, sie wird noch manches äußern! R. betet die Gnädige an. Ach, möge es
immer so bleiben ...
Sonnabend, 7. 2. 1914
An Homms schrieb ich zu
morgen; vor drei Jahren (Homms Hochzeit) sah es hier noch anders aus, da ahnte
noch niemand das Glück, das jetzt hier erstanden, und R. wohl am
allerwenigsten. ... Von Frl. Both hat Anna 20 M zur Pflege bekommen. Du Maire
reiste bis morgen heim.
Sonntag, 8. 2. 1914
Homo gratulierte ich
zum Geburtstag ... Sonst geht es ja gut, ich kann den Gedanken an Vergangenes
nicht loswerden. Immer muß ich daran
denken, wie Willy betrogen worden ist! ... Nach dem Kaffee machten wir eine
Spazierfahrt – sehr schön, doch mußte ich daran denken, wie Grete bei
Ausfahrten vor zwei Jahren neben dem Kutscher saß und ich im Font, und nun ist
es umgekehrt!
Montag, 9. 2. 1914
Wir haben jetzt
herrliche Sonnentage, etwas Frost.. Es ist ein Genuß,
durch den Wald zu wandern. ... Das junge Paar schwelgt im Glück, bliebe es
immer so. Für Dritte ist es aber oft nicht schön. Na, nicht mehr lange! R.
verwöhnt sie zu sehr.
Dienstag, 10. 2. 1914
... G. (Grete) kümmert
sich schon ein bißchen um den Haushalt, guckt hier rein und da rein und zeigt
Interesse. Er dagegen lässt sich draußen kaum blicken ...
Mittwoch, 11. 2. 1914
Der Monteur der
Gasleitung machte einige Veränderungen und war damit in zwei Tagen fertig. Hier
wurde mit Roggendreschen begonnen.
Donnerstag, 12. 2.
1914
Von Susi Heumann
erhielt ich eine Anfrage, ob ich ihrem Bräutigam den Haushalt führen wollte und
sie später einführen möchte? Es war mir sehr schmerzlich, gerade ihr
abschreiben zu müssen. Ich hoffe, Frau Heumann sieht es ein, daß Anna vorgeht
und ich sie nicht verlassen kann, bis sie gesund ist. ... Hier alles unverändert, Strengs in Lyck. Nach
der Heimkehr erzählten sie, daß sie bei Gerlachs Kaffee getrunken haben ...
Sonnabend, 14. 2. 1914
... Die Flitterwochen
bestehen noch immer, bin gespannt, wie lang sie dauern werden! Frau Grete fiel
mir heute um den Hals, dankte mir, daß ich solange treu für ihren Mann gesorgt,
den sie über alles liebt und der der beste Mensch dieser Welt ist! Ja, sie hat
auch das große Los des Lebens gezogen ...
Sonntag, 15. 2. 1914
Bei herrlichem Wetter
fuhr ich heute nach dem Mittagessen nach Hause (Pammern), es war eine
wundervolle Fahrt. Anna fand ich im Bett. Sie sagt, es ginge ihr etwas besser,
doch konnte ich keine Veränderung wahrnehmen. ... Lotte ist vergnügt, aber
elender als zu Weihnachten. ... Von Frl. Lottchen (Beerbohm) eine Karte, sie
hat sehr viel zu tun. Die Mutter ist noch sehr krank, die Hochzeit vor der Tür,
arme Lotte. ...
Montag, 16. 2. 1914
Wir schlachteten.
Strengs abends zum Geburtstag in Ranten. ..
Mittwoch, 18. 2. 1914
Die Wurst geriet gut.
Ich bin froh, daß alles so weit ist. Frau Grete belernt sich gründlich. Mir
wird es immer ungemütlicher und unverständlicher, wie der Mann diese Frau
heiraten konnte. ... Von Else ein langer Brief., sie
scheint glücklich und froh zu Hause und muß in diesen Tagen ihrer Nase wegen
nach Königsberg. Strengs machten eine lange Fahrt, wahrscheinlich nach Ranten
...
Freitag, 20. 2. 1914
Frau Grete fragte mich
heute, warum ich eigentlich fort gehe? Ich sagte ihr in aller Ruhe, daß unser
Verhältnis auf die Dauer nicht bestehen würde, was sie nicht einsehen wollte,
und daß es besser ist, ich gehe bei Zeiten. ... Herr v. Streng schon am Vormittag
in Lötzen, sie um 2 Uhr noch zu Homms. Um 8 Uhr waren sie zurück, es soll sehr
nett gewesen sein.
Sonntag, 22. 2. 1914
... Von Else heute ein
Gruß aus Königsberg, morgen geht es bereits heim. Nach dem Kaffee machten wir
eine schöne Spazierfahrt nach Skomatzko und sahen uns den Hof der Domäne an.
...
Montag, 23. 2. 1914
... Dr. Pfeifer war
hier, fünf Menschen sind krank, darunter die Kutscherfrau Balzer an
Lungenentzündung schwer. Pfeifer machte ein Witzchen als ich ihn zu den Kranken
begleitete und meinte: ich müsste einen Arzt heiraten. Ich sagte dazu, das ist
schlimm, ein Älterer will mich nicht und einen Jüngeren nehme ich nicht. ...
Dienstag, 24. 2. 1914
Zu Fastnacht backte
ich Pfannkuchen und Marie viele Flinsen ... Über Frau G. muß man sich oft sehr
wundern, nie könnte ich es immer mit ihr aushalten, niemals! ...
Mittwoch, 25. 2. 1914
Wir haben Wäsche, die
Gnädige belernt sich. Mir wird es immer rätselhafter, wie der Mann diese Frau
heiraten konnte! Ob ich das Ende dieser Ehe noch sehen werde? ... Wie froh kann
Willy (Beerbohm) sein, daß er sie nicht bekam!
Donnerstag, 26. 2.
1914
Sie gratulierten Hans
Beusch nur so kurz wie möglich, ich unterschrieb. ... Der Kutscherfrau geht es
besser, ich bin froh.
Freitag, 27. 2. 1914
Von Strengs (Lötzen)
liebe Zeilen. Sie sagen auch, daß die schön verlebten Stunden in Berghof
niemals wiederkehren, niemals!
Sonnabend, 28. 2. 1914
... Herr v. Streng in
Lötzen ... Sonst geht alles seinen Gang, ich sehne mich fort.
Sonntag, 1. 3. 1914
... Zum Spazierengehen
wurde ich aufgefordert, dankte aber. Ich habe schon genug, wenn ich hier das
viele Glück sehe. Draußen will ich für mich allein sein und mich an der Natur
erfreuen.
Mittwoch, 4. 3. 1914
Von Else ein langer
Brief, Idel soll es wieder schlecht gehen, das ist ein Elend! Sie hat mir so
viel Gutes getan im Leben. Ich möchte ihr so gerne beistehen und ihr auch mal
etwas tun, vielleicht kommt es noch dazu.
Donnerstag, 5. 3. 1914
... Ein Brief von Anna,
sie ist so elend und möchte gerne, daß ich schon zu Hause wäre. Wann wird das
sein? Sie bekommen keine Wirtin. ...
Freitag, 6. 3. 1914
Herren von der Post
waren hier. Wenn die neue Bahnstrecke Skomatzko-Arys im August eröffnet wird,
geht die Post mit, und Veränderungen entstehen. ...
Sonntag, 8. 3. 1914
Ganz unerwartet kam es
heute zu einer Fahrt nach Pammern mit Bouvain. ...
Die Freude zu Hause war groß, und ich war auch befriedigt, da ich Anna frischer
fand.
Montag, 9. 3. 1914
Die Angerburger schrieben,
morgen heiratet Clara, und wir wussten nichts davon, unglaublich. ... Gestern
Abend las ich, daß Frl. Lotte Reinert sich verlobt hat, ich dacht’ ich werde
blind. Sie ist so alt wie ich, und wer weiß, was der Oberinspektor Berger für
eine Partie sein mag. Ich gratulierte ihr. Die Stelle bei v. Lenski ist nun
frei, doch sind die Trauben sauer, und wer weiß, ob es noch gut wäre. ... R. in
Lötzen und Neuhoff.
Mittwoch, 11. 3. 1914
... Herr Wedthoff
schreibt, daß Lotty am 28. heiratet. Ein langer Brief von Idel, sie fragen
schon, wann ich komme. ...
Donnerstag, 12. 3.
1914
... Von Frau Heumann
ein längeres Schreiben, worin sie mir eine Stelle bei ihrem Jugendfreund
Goldschmied in Berlin anbietet. Leider mußte ich der Frau
wieder abschreiben. Ich will nicht so weit von Pammern fort und nach Berlin schon
niemals. ... Strengs in Lyck. Ich Spaziergang bis zur Waldgrenze, Wetter
herrlich.
Freitag, 13. 3. 1914
Von Nichte Else ein
Brief, desgleichen von Else K. (Kemke). ...
Sonnabend, 14. 3. 1914
Von Anna zwei Briefe, die
Kuh ist gekauft, hoffentlich ist sie gut. ... Gegen Abend noch ein Spaziergang
mit Strengs zur Waldgrenze.
Sonntag, 15. 3. 1914
Bouvain fuhr nach
Pammern und brachte mir von Anna die Nachricht, daß die gekaufte Kuh gut ist,
auch B. gefällt sie. ... Von Borko eine neckische Karte, die ich ihm ebenso
neckisch beantwortete.
Montag, 16. 3. 1914
Willy (Beerbohm) schrieb,
er hat vorläufig die Nase voll und denkt nicht wieder so intensiv an
Zukunftspläne wie vor zwei Jahren. ...
Dienstag, 17. 3. 1914
Strengs fuhren am Vormittag
nach Königsberg ... Ich nähe in stiller Beschaulichkeit meine Hemden und denke
auch ab und zu an den Abschied. Ich hoffe, daß er mir nicht zu schwer fallen
wird. Oft denke ich: wäre ich doch lieber erst gar nicht her gekommen und dann:
sind es nicht schöne Jahre gewesen, die ich hier erlebte?
Mittwoch, 18. 3. 1914
Strengs schon um 8 Uhr
abends hier. Bei Borkos sind sie gewesen, leider hatte er heute Abiturium, und
sie sahen ihn nicht. ... Von Lottens Hochzeit kein Wort.
Donnerstag, 19. 3.
1914
Anna schrieb mir, daß
die Niere wieder schmerzt. Es ist und bleibt ein Elend mit dem armen Weib, und
wann werde ich zu ihr kommen? ... Von Else K. (Kemke) liebe Zeilen, ich habe
das Gefühl, als wäre es ihr zu Hause zu eng. Am Nachmittag schöne Spazierfahrt
nach Karlowen bei grundlosen Wegen, die ersten Leberblümchen gesehen.
Freitag, 20. 3. 1914
Herr v. Streng brachte
von Lötzen die Nachricht, daß Idel (Frau Homm) die Masern hat. Das arme Weib
trifft auch alles! Mit dem Bein soll es aber besser gehen. Und Strengs (Lötzen)
kommen noch mal her, bevor sie nach Stallupönen ziehen. ...
Sonntag, 22. 3. 1914
Vormittag mit Bouvains
in der Kirche (Neuhoff), auch Wilhelm und Else dort (Annas Ehemann und Tochter
aus Pammern). ... Wir wollten heute nach Pammern fahren. Ich saß schon auf dem
Wagen, da kamen die alten Kemkes an, ich freute mich sehr.
Montag, 23. 3. 1914
... Um 5 Uhr fuhren
wir nach Rogallicken; Strengs machten ihren Antritts- und ich meinen
Abschiedsbesuch. So vergeht alles im Leben, und ich bin jetzt auch nicht mehr
so traurig, daß ich von hier fort muß.
... In Rogallicken war es sehr nett und gemütlich, Flöthes liebe Menschen. Der
Weg dorthin war an manchen Stellen kaum zu passieren, und wir waren froh, als
wir festen Boden auf der Heimfahrt hatten. Es geht doch nichts über die
Chaussee!
Mittwoch, 25. 3. 1914
Lottchen Beerbohms
Hochzeit heute ... Möchte sie glücklich werden, so sehr wünschen wir es ihr von
Herzen. Wie oft kommt es aber, daß die Guten leiden müssen und sie manches
Unglück trifft. ... Da Strengs endlich ihren Besuch in Pammern und Mallinken
machten, fuhr ich zu Anna mit, große Freude. Ich fand sie gerade nicht elend,
aber ziemlich hilflos. Die Füße am Abend so dick, Herzbeschwerden, und die
Niere meldet sich auch. Erst um 12 Uhr zu Hause bei leichtem Regen.
Donnerstag, 26. 3. 1914
Ich muß viel an Frau
Dr. Beusch denken. ... Ich schrieb ein paar Zeilen an Else, da Fritz nach
Widminnen fuhr, um einen kleinen Hund zu holen.
Freitag, 27. 3. 1914
Strengs fuhren früh nach
Arys per Fuhrwerk vierspännig, da die Wege grundlos, und von dort mit der Bahn
zu einer Taxe. ... Zum Abend waren Strengs zurück.
Sonnabend, 28. 3. 1914
... Herr v. Streng
(Lötzen) war adieu sagen, wer weiß, wann man ihn wieder sieht! Vielleicht besuche
ich sie, wenn ich mal nach Insterburg fahre. Die Neuhöfer Wirtin will kommen,
das wäre prächtig, ich freue mich sehr.
Sonntag, 29. 3. 1914
... Strengs am
Nachmittag zum Abend nach Klein Gablick, wann werde ich auch mal dort sein? ...
Montag, 30. 3. 1914
Für die Wirtin wurde
die Stube eingeräumt, Mariechen zog nach oben ... Vor acht Jahren dachte ich mit gemischten
Gefühlen nach Berghof hin, und heute? Zwei Gewalten streiten in mir. Es ist
schwer, etwas aufzugeben, wo man glücklich gewesen ist. ...
Dienstag, 31. 3. 1914
... Am Nachmittag ging
ich mit Frau v. Streng bis zu Grabnicker Grenze spazieren. ...
R. in Lötzen zum Kreistag, sehr vergnügt zurück. Ich bin froh, daß ich gehe,
nie würde ich mich glücklich fühlen.
Mittwoch, 1. 4. 1914
Von Herrn Homm die
Nachricht, daß ich viele Ausweispapiere zur Abhebung des Geldes brauche. Nur
gut, daß dabei die Kirchen Jucha und Neuhoff in Betracht kommen und ich weiter
keine Scherereien habe. ... Wir hatten am Abend noch viel Spaß, indem wir Du
Maire und Bouvain in den April schickten. ... Die Wirtin kam an, vielleicht ist
es ein guter Griff.
Donnerstag, 2. 4. 1914
Von Else ein langer
Brief ... Die jungen Beuschs sind in Lötzen bei Homms gewesen, es war sehr
nett. Else hat sie gesprochen, war mit dem alten Herrn zum Abend dort, während
Frau Kemke noch in Königsberg ist. ...
Auch Anna schrieb, Karl gestern seinen ersten Schultag, gebe ihm Gott Glück im
Leben.
Freitag, 3. 4. 1914
... Borko kam an,
schmal und grau. Ja, auch an ihm geht die Zeit nicht spurlos vorüber. Sie kommt
nach. Ob die Wirtin gut ist? Ich fürchte nein.
Sonnabend, 4. 4. 1914
Ich fange an, meine
Siebensachen zusammenzusuchen. ...
Sonntag, 5. 4. 1914
Am Vormittag Homo
seinen Gegenbesuch machen. Er erging sich nicht in Lobpreisungen über alles
Neue. ... Ich fuhr zum Kaffee und Tee zu Tamms, wo es sehr nett war. ... Homo
fuhr abends ab.
Montag, 6. 4. 1914
Am Vormittag fuhr ich
mit den Bibutzen nach Neuhoff, um dort die noch nötigen Urkunden ausstellen zu
lassen. Frau Pfarrer meinte, es wird nun wohl anders werden in Berghof, was ich
dem Hause und der Wirtschaft gewesen, wisse sie ganz genau ... Am Nachmittag fuhr
ich zur Angrabe und holte mir bei Tierfelds Annas Heiratsurkunde. Nun hoffe ich
alles beisammen zu haben.
Mittwoch, 8. 4. 1914
Frau Borko zu Kaffee
schon hier. Ich machte dann meine Abschiedsbesuche bei Dammeraus und Bouvains.
... Gut, daß ich nicht zu alt bin, um mir einen neuen Wirkungskreis zu schaffen.
Gott helfe mir!
Gründonnerstag, 9. 4. 1914
Der Himmel weint, da brauche ich es nicht! Am Vormittag teigte ich noch
mit Mariechen die üblichen Kuchen an, die gut gerieten. Der
Gründonnerstagskringel war ausgezeichnet, der letzte von mir in Berghof
gebacken. Um 3 Uhr war alles so weit, daß ich abfahren konnte. Gott half mir,
er stand mir bei. Ich brauchte nicht zu weinen, wenn auch niemand wusste, wie
es in meinem Innern aussah. Gut, daß ich mit Grete noch so lange zusammen war,
das machte mir das Scheiden erheblich leichter. Zu Hause (Pammern) mit Freuden
begrüßt, hielt ich meinen Einzug. Helfe mir Gott, daß Anna gesund wird und ich
dann weiter wandern kann.
Heute schrieb Frau Streng
und fragte mich, ob ich zu ihnen für vier Wochen kommen kann. Ich schrieb ihr
ab, leider.
Karfreitag, 10. 4. 1914
Willy fuhr mit Else
und Lotte zur Kirche, wo sie auch Strengs sahen. ... Nach dem Kaffee ging ich
mit den Kindern ein weites Ende spazieren ...
Sonnabend, 11. 4. 1914
Lukowski brachte den
Rest meiner Sachen und den Schreibtisch von Herrn Ernst, der mir von R.
geschenkt wurde. Ich hatte mit Einräumen ziemlich tagsüber zu tun und bin froh,
daß alles möglichst untergebracht ist.
Ostersonntag, 12. 4. 1914
Von Seifert ein Brief und von Dr. Beuschs ein gedruckter Dank. An Frau Homm schrieb ich eine Karte und fragte
sie, ob ich am 15. kommen kann. Zum Kaffee ging ich zu Kammers, mit ihm kann
man ein Wort reden. ... Zu Hause habe ich mich bereits eingelebt, Gott wird
weiter helfen.
Ostermontag, 13. 4. 1914
Mit Willy (Schwager) fuhr ich zur Kirche bei herrlichstem Wetter. Eigen
war mir doch zu Mut, als ich nicht den Weg nach meinem geliebten Berghof nahm. ...
Bei Rektors aßen wir Frühstück, schwatzten ein wenig,
und dann ging es heim. Nach dem Kaffee ging ich mit den Kindern ein weites Ende
spazieren, in Pammern ist es schön.
Mittwoch, 15. 4. 1914
Der Vormittag verging
schnell mit den letzten Vorkehrungen zur Fahrt ... In Widminnen traf ich Frau
Heumann, die auch nach Lötzen fuhr. Sie lud mich zum 21. ein, wir einigten uns
für später. Bei Homms fand ich alles munter, auch mit Idels Fuß geht es besser.
Donnerstag, 16. 4.
1914
... Mit Idel legte ich
Wäsche ... Am Nachmittag machte ich mit Lotte (Annas Tochter,
11 Jahre) einige Besorgungen und besuchte auch Frau Rievers ein Weilchen.
Freitag, 17. 4. 1914
Else Sandmann
gratulierte ich zum Geburtstag und schrieb an ihre Mutter ...
Sonnabend, 18. 4. 1914
... Zu Kaffee bei
Lottes Pensionsmutter, die für Lotte rührend sorgt. ... Zufällig traf ich Herrn
v. Streng und Tilly (Kemke), ging mit ihnen zur Bahn und hörte noch mancherlei
von Berghof, u. a., daß Eiselen dort ist und Du Maire am 1. 7. Berghof verläßt.
Sonntag, 19. 4. 1914
Mit Lotte in der
Kirche. Lotte kam am Nachmittag zu Homms, spielte Klavier und mit Ernstchen und
Käthe Rievers. Ich war zu Kaffee bei Rievers und sprach mit der famosen Frau
manches ernste Wort. Abends waren Rievers noch hier bei Homms.
Montag, 20. 4. 1914
... Frau Homm machte
früh Mittag, Herr Homm hatte Lokaltermin, musste vor mir fort. Alle luden mich
ein, recht bald wiederzukommen. Lotte war noch auf der Bahn. Mit Herrn Hudel
fuhr ich bis Schedlisken. In Widminnen auf der Bahn Tilly und Else, bei Kemkes
sehr nett, auch der alte Herr (Paul Kemke, *1867). ... Abends wieder zu Hause,
große Freude. Einen Brief fand ich von Frau Frida Schrötter vor, sie fragt
mich, ob ich für drei Monate im September zu ihnen kann.
Dienstag, 21. 4. 1914
Ob die Berghöfer heute
in Gablick sein mögen? ... Frau Schrötter schrieb ich, daß ich zu ihr kommen
will. Wer weiß, ob sie auf meine Bedingungen eingeht. ... Willy sät und ich
pflanzte mit Ida ein Gärtchen.
Mittwoch, 22. 4. 1914
Krüger kam, und die vier
Birnbäumchen kamen in die Erde. Er blieb auch zum Abend und erzählte
interessant von seinen Reisen. So ein alter Junggeselle hat für niemand zu
sorgen und kann das Geld verreisen. Er ist sonst ganz nett, heiraten möchte ich
ihn aber doch nicht, und ich glaube, er mich auch nicht!
Donnerstag, 23. 4.
1914
... Ich nähte fleißig
Lottes Hemden fertig und säte alles ein, bis auf Gurken und Bohnen, die noch
Zeit haben.
Freitag, 24. 4. 1914
Willy fuhr mit den vier
Schweinen nach Widminnen, die 8,3 Zentner wogen und 40 M den Zentner brachten.
Gut, daß sie fort sind. ...
Sonntag, 25. 4. 1914
Frau Schrötter schrieb
mir, daß sie mich im September bestimmt
erwartet.
Mittwoch, 29. 4. 1914
... Frau v. Streng
schrieb mir, daß am 6. Mai nach Berghof Einquartierung kommt, und sie fragte
mich, wie sie es machen soll. ... Um 5 Uhr kamen Strengs, ein schöner Empfang
von unserer Seite. Ich musste ihnen alles sagen, wie ich es mit der
Einquartierung machen würde. Ich sprach ihnen auch meine Verwunderung darüber
aus, daß sie meine Hilfe nicht wollen.. Nein, sagte
die Gnädige, ich will alles allein machen.
Donnerstag, 30. 4.
1914
Der Schluß des April brachte uns die Masern. Karl (*1907) lag schon
gestern, aber erst heute kam der Ausschlag heraus und bei Else (*1905) zeigt er
sich kaum. Beide liegen im dunklen Zimmer. ... Lore (*1908) ist noch munter.
Freitag, 1. 5. 1914
Heute geht es Else
schlecht. Sie hustet sehr und hat 40° Fieber, das arme Kind. Karl ist ruppig
wie ein Reibeisen und rot wie ein Krebs und furchtbar ungeduldig, während Else
ruhig liegt. ... Anna mit Willy in Widminnen ...
Montag, 4. 5. 1914
... Willys Hemden habe
ich zugeschnitten und will nun sorgen, daß sie fertig werden.
Sonntag, 10. 5. 1914
... Mit Willy ging ich
auf unser Feld, Hafer und Gerste gehen auf; wir sahen noch nach Rostken hinüber.
...
Montag, 11. 5. 1914
... Von Frau Bouvain
erhielt ich einen Brief; die Einquartierung ist sehr gut verlaufen,
Frau B. war helfen, ... Willys Hemden beendete ich.
Freitag, 15. 5. 1914
Heute brachte ich die
Betten in Ordnung ... So wird eins nach dem andern fertig, und dann wird es ja
wohl wieder wandern heißen. Weiß Gott, wo und wann die Rast für mich mal kommt?
Montag, 18. 5. 1914
Von Homms ein lieber
Brief; sie laden mich zur Taufe am 28. 5. oder 1. 6. ein. Gut, daß die Masern
vorüber sind und ich ihnen zusagen konnte. ...
Dienstag, 19. 5. 1914
... Da Ida einen
kranken Finger hat, melke ich die Kuh und tränke das Kälbchen, was mir Freude
macht.
Donnerstag, 21. 5. 1914 (Himmelfahrt)
Homm schrieb, daß sie am 28. taufen und ich sobald als möglich kommen
möchte.
Sonnabend, 23. 5. 1914
... so fuhr ich
nachmittags zu Homms und fand Idel sehr, sehr elend aussehend, das Herz ...
Ich freue mich, ihr helfen zu können, zumal ich zu Hause nicht mehr nötig bin.
...
Dann saß ich mit Homms
noch ein Stündchen bei Rievers im Garten mit Müllers zusammen. Rievers machen
eine kleine Reise, und ich soll am 2. Feiertag zu ihnen.
Donnerstag, 28. 5.
1914
... Idels Geburtstag,
verschönt durch die Taufe der kleinen Dorothea ... Unsere Taufgäste
erschienen am
Nachmittag ... Um 4 Uhr war die Taufe in der Kapelle von Bethanien ...
Dorchen war artig ...
Sonnabend, 30. 5. 1914
... Frau Homm ist
froh, daß ich hier bin. Gestern Abend
war Dr. Meiner noch hier, und man sprach viel von der notwendigen
Nauheim-Reise. Ob sie Frau Homm die notwendige Genesung bringen wird? Ich soll
derweil das Haus hier hüten. ...
Pfingstsonntag, 31. 5. 1914
Homms fuhren am Vormittag
zu Kemkes, ich blieb mit den Kindern und Lotte allein. ...
Um 6 Uhr fuhren Rievers ab, die mir ihr Haus noch „übergaben“.
Pfingstmontag, 1. 6. 1914
Frau Homm geht es
wieder schlechter ... sie denkt nun auch
im Ernst an Nauheim. Ich fürchte nur, das kostet viel Geld und nützt nichts.
...
Mittwoch, 3. 6. 1914
... Frau Homm geht es
heute besser, sie fahren schon am 1. 7. und kommen am 17. August zurück. Gebe
Gott, daß es mit den Kindern gut ginge. -
Donnerstag, 4. 6. 1914
Lebte mein Vater noch,
wäre er heute 79 Jahre alt. ...
Sonntag, 7. 6. 1914
Homms fuhren zu
Linnecker, und ich verwalte nun zwei Häuser! Von Frau Rievers die erste
Nachricht aus Blankenburg an die Kinder ...
Idel fährt morgen in
die Höftmannsche Klinik, Herr Homm begleitet sie. – Wären nur Rievers erst zurück!
Mittwoch, 10. 6. 1914
Von Rievers die
Nachricht, daß sie schon Vormittag ½ 11 Uhr in Lötzen sind. Ich freue mich, die
Doppelwirtschaft geht ein bißchen über meine Beine. ...
Von Idel kam die Nachricht, daß das Herz gesund ist, daß sie aber einen leichten
Fall von Basedowscher Krankheit hat. ...
Donnerstag, 11. 6.
1914
Rievers kamen mittags
sehr vergnügt von ihrer Reise zurück; mir hatten sie ein kleines
Taschenspiegelchen mitgebracht, aus Achat, darin fand ich 20 M. ...
Freitag, 26. 6. 1914
Ein Tag vergeht wie
der andere, den Kindern geht es gut, ich schreibe täglich an Fr. Homm.
Montag, 29 .6. 1914
Morgens erzählte mir
Auguste, daß gestern Extrablätter verteilt worden sind – Erzherzog Franz
Ferdinand, Thronfolger von Österreich ist mit seiner Gemahlin ermordet worden.
Der Täter, Serbe, schoß mit seiner Pistole und traf beide tödlich. Mein Gott,
welch ein Abschaum von Verworfenheit! ...
Dienstag, 7. 7. 1914
Gestern war der
Todestag der geliebten Mutter, 6 Jahre schläft sie schon auf dem schönen Friedhof
...
Herr v. Streng war von
der landratschen Entenjagd kommend, ein Stündchen zum Schlafen hier. Mir war
ganz eigen zu Mut, als ich seinen gepackten Koffer sah, den ich so oft
besorgte, und nun geht es so schön auch ohne mich – so ist jeder Mensch zu
ersetzen. -
Donnerstag, 9. 7. 1914
... Seit einigen Tagen
füttere ich Dorchen mit Grieß, Spinat u. a. Das kleine Ding ißt mit großem Appetit.
Am Nachmittag fahre ich mit ihr in Rievers Garten; sie schläft und ich helfe
den Leutchen Himbeeren ernten. Meine Morgengänge um 3 Uhr zum Erdbeerpflücken
hören bald auf, die Ernte wird immer dürftiger.-
Donnerstag, 16. 7.
1914
... Es überraschte uns
ein Telegramm, Idels Ankunft heute meldend. Alles bereiteten wir für ihren
Empfang vor, Homm fuhr ihr bis Korschen entgegen. Ich ging W. und Lotte
begrüßen, die recht vergnügt und munter waren, und fuhr mit Homms im
Meinerschen Auto heim. – Idel freute sich über Dorchen furchtbar, ist auch ein
Prachtkind; bliebe sie so, bis ich gehe. -
Montag, 20. 7. 1914
Schon früh ½ 8 kam
Herr v. Streng, dem ich Kaffee gab. Er scheint so langsam ein anderer zu
werden, erzählt nichts mehr von selbst, und die alte Vergnüglichkeit ist auch
dahin. Was mag Schuld daran sein, vielleicht unerquickliche
Familienangelegenheiten der Frau ...
Freitag, 24. 7. 1914
... Idel geht es mit
den Beinen so schlecht, daß sie liegen muß. ...
Sonntag, 26. 7. 1914
... Kriegsfurcht macht
sich wieder bemerkbar. Depeschen sagten uns, daß der Krieg zwischen Serbien und
Österreich ausgebrochen ist, weil Serbien die Forderungen Österreichs nicht
erfüllt. Der Mord soll gerächt werden. Viele wollen schon wissen, daß Rußland
sich auf die Seite Serbiens stellt, dann geht es mit uns los! Homms glauben,
daß wir fort gehen. Wohin, noch ungewiß ... Der Kaiser ist nach Berlin gekommen
und mit großem Jubel empfangen worden, alles scheint für den Krieg, ich glaube
der Kaiser nicht. -
Montag, 27. 7. 1914
Man erwartete heute
die Mobilmachung, nichts kam. Gewißheit ist besser als warten. An Anna schrieb
ich einen Brief, daß für den Ernstfall unser Fortgehen geplant ist. ...
In Deutschland ist man
für den Krieg, von dem Gedanken ausgehend, daß er für uns siegreich sein könnte
...
Idel geht es etwas
besser mit den Beinen ...
Dienstag, 28. 7. 1914
Auch heute verlief der
Tag ruhig, trotzdem militärisch alles in Bewegung sein soll. Die Grenze ist
stark besetzt, ebenso die Brücken. Alle Urlauber werden in ihre Garnisonen
zurückgerufen, die Aufregung in der Stadt ist groß. – Wir wollen zu Borkos
(Königsberg), es scheint uns besser als nach Magdeburg.
Mittwoch, 29. 7. 1914
Heute scheint es nun
ernst zu werden, es ging sogar das Gerücht um, daß schon mobil gemacht ist ...
Ich habe Frau Borko
angefragt, ob sie uns im Ernstfall aufnehmen will und kann. ...
Donnerstag, 30. 7.
1914
Morgens bot sich uns
ein sonderbarer Anblick. Vor unserem Haus war ein Schlagbaum gezogen, alle
Autos wurden visitiert. Die Kriegsfurcht in der Stadt ist groß, viele sind
abgereist. ...
Frau Homm ist ganz
gefaßt, wenn auch furchtbar elend und hilflos. ...
Freitag, 31. 7. 1914
Wir waren am Vormittag
durch die Zeitungsberichte über die Mobilmachung der ganzen russischen Armee
unterrichtet, was das für uns bedeutet und was in den nächsten Tagen zu erwarten
ist. Herr Homm brachte die Nachricht, daß den Offiziersdamen anheim gestellt
wurde, die Stadt zu verlassen. Die höheren Punkte und Kirchtürme sind bis zur
Grenze hin mit Posten und Schützen besetzt. Die Brücken sind schon seit einiger
Zeit durch Militär geschützt. In der Feste Boyen wurden tagsüber scharfe
Patronen ausgegeben. Die Maschinengewehrabteilung ist ausgerückt und dazu
wurden ungefähr 20 Pferde aus der Stadt genommen.
Wir
hatten uns schon am Mittwoch bei Borkos telegrafisch erkundigt, ob sie uns alle
evtl. aufnehmen wollen und erhielten heute von dort die Nachricht:
„Kriegsfurcht augenblicklich ganz unbegründet.“ Wir waren beruhigt und packten
die Wäsche. Heute schrieb Frau Borko etwas ängstlicher, daß wir aber sehr
willkommen wären, daß sie uns aber nicht alle aufnehmen kann, da Borko krank
ist und liegt.
Um
4 Uhr erschienen Frau und Herr v. Streng freundlich schmunzelnd und fragten, ob
wir schon packten, dieses etwas ironisch. Bald darauf erschien Hauptmann
Hellwig aus dem großen Generalstab, ein junger Freund von Herrn Homm, ein Mann,
der einem auf den ersten Blick gefallen muß. Er berichtete, daß eben eine
Depesche eingetroffen wäre, daß Deutschland im Kriegszustand sei und ihn nach
Berlin rief. Mit dem „Kriegszustand“ ist zwar nicht „mobil“ gemeint, aber das
kommt bestimmt. Strengs Gesichter wurden immer länger. Sie gingen dann in die
Stadt und kamen um ½ 6 Uhr gänzlich erschossen an und sagten, wir sollten
sofort packen und gleich abfahren. Wird mobil gemacht, kommen wir nicht mehr in
Königsberg rein. Wir packten nun schleunigst und waren um 7 ½ Uhr bereit,
abzufahren. Ich hatte für die Kinder im Mack Flaschen gekauft. Auguste strich
Brote, belegte sie, packte alles ein. Selbst Tante Mariak half,
Medizinfläschchen u. a. einzupacken. Im Meinerschen Auto fuhren wir mit Herrn Rievers
zur Bahn. Er half auch Idel ... (beim Einsteigen). Wir hatten jeder in der 2.
Klasse einen guten Platz und kamen auch glücklich in Königsberg an. Ich brachte
die Kinder so gut es ging ins Bett, indem ich sie auf ein Sofa legte. Lotte lag
auf der Erde auf einem Unterbett und schlief sehr schön. Ich hatte mich neben
sie gelegt, sie ahnte nichts davon. Im „Kriegslager“ ist alles egal! Tante Mariak
nickte auf einem Stuhl, um 2 ½ Uhr waren wir in Ruhe.
Zuerst
hätte ich schreiben müssen, daß ich auf dem Bahnhof Herrmanns traf, auf dem
Wege nach Berlin, und dann mit den Kindern und Frl. Mariak nach der Dammguße
fuhr, wo uns ein Herr Thur in seine Wohnung aufnahm, bevor ich Borkos
herausklingelte. Homms trafen später ein, fanden das Haus und Borkos Türe schon
auf, alles toll, wir wurden gleich freundlich aufgenommen und einquartiert.
Sonnabend, 1. 8. 1914
Die Kinder hatten gut
geschlafen, meldeten sich spät und bekamen zu essen. Ich ging zu Borkos hören, wie
Homms Unterkunft fanden und siedelte dann mit allem zu ihnen hinüber. Wir hausen
in einem Zimmer und befinden uns so wohl wie es in dieser ernsten Zeit nur eben
geht.
Herr Homm begab sich
nach dem Essen in die Stadt, um zu hören, was dort los ist. Bei seiner Rückkehr
fand er ein Telegramm, das ihn sofort nach Lötzen rief, den Dienst auf dem
Amtsgericht zu übernehmen. Da wir nicht genau wissen, ob wir auch für später
hier bleiben können, hat Herr Homm bei Eiselen für alle Fälle angefragt, ob wir
nicht zu seinen Eltern könnten, was gehen wird.
Gegen Abend ging ich
aus und las das Mobilmachungstelegramm. Bald darauf läuteten die Glocken der
Kirchen. Was man in Büchern von 1870 gelesen, erlebt man nun selbst, wer hätte
das gedacht! Breite Ströme von Menschen wogten auf den Straßen, teils
patriotische Lieder singend, teils weinend und an den Abschied denkend. Ein
jeder war sich des Ernstes der Stunde bewusst.
Nachdem wir uns
vorgenommen hatten, früh schlafen zu gehen und uns von den Strapazen der Reise
zu erholen, klopft es und ich sehe um ½ 10 Uhr abends Anna weinend vor mir
stehen. Sie hatten in Pammern vom „Kriegszustand“ gehört und in der ersten
Angst nur an Flucht gedacht. Schon in Korschen kam Anna zur Besinnung und wäre
umgekehrt, hätte sie genügend Geld gehabt. Wir besprachen, daß sie bei
Goldenstedts bleiben sollte und daß sie am nächsten Tag wieder zurück sollten.
...
Sonntag, 2. 8. 1914
Morgens kam Anna
sagen, daß sie wieder zurück fahren will (nach Pammern) ... Bei Goldenstedts
für längere Zeit zu bleiben ist nicht möglich, und wo sollte sie sonst mit
ihren Kindern Unterkunft finden? Sie war noch mit den Kindern in den Tiergarten
gegangen, und ich brachte sie um 3 Uhr zur Bahn. ...
Wir haben uns bei Borkos gut eingerichtet, und ich wünschte, daß wir nicht
weiterziehen brauchen. ...
Montag, 3. 8. 1914
Um ½ 10 steht Willy
vor mir, er suchte Anna, der er nachgefahren war, um sie erneut nach Danzig zu
bringen. Herr Homm schrieb, daß Rievers eingezogen ist und Frau Rievers nach
Danzig fuhr, während Frau Meiner die Jungen nach Blankenburg nahm. ...
Von Anna eine Karte, daß sie nach Hause kamen, aber wieder umkehren mußten ...
Dienstag, 4. 8. 1914
Am Vormittag kam
Wilhelm wieder zurück; er hörte schon in Lötzen, daß Anna mit den Kindern wieder
abgefahren sei – leider wußte niemand wohin, und so fuhr er wieder nach Königsberg
zurück, um zu sehen, ob sie hier sind. ... An Anna schrieb ich, daß Willy hier
ist, als Antwort auf ihren Brief aus Graudenz. Wir erfuhren auch, warum sie so
eiligst umkehrten. Bialla soll brennen, bis Arys sind die Kosakenpatrouillien
vorgedrungen ... Anna reist weiter nach dem Kreis Neu-Stettin.
Mittwoch, 5. 8. 1914
Der Kaiser hat den
heutigen Tag zu einem Bettag bestimmt. An Herrn Homm waren zwei Briefe aus
Lötzen mit frohen, auch traurigen Nachrichten. Herr Homm harrt noch auf seinem
Posten aus und Auguste kocht. Viele Flüchtlinge von der Grenze treffen in
Lötzen ein und erzählen von brennenden Gütern und Dörfern.
Im Dorf Drygallen hat der
Feind arg gehaust, die Kirche, sehr alt, und viele andere Gebäude verbrannt,
bis er zurückgeworfen wurde.
Die Kemke-Kinder brachten
am Nachmittag noch Briefe von Frau Kemke mit näheren Schilderungen. ...
Abends war ich noch
Depeschen lesen. Nichts besonderes, außer daß der Kaiser das Eiserne Kreuz
erneuert hat! England hat nun auch an Deutschland den Krieg erklärt. Viele
sahen dies kommen, viele hofften noch. Möge es unserer Flotte gelingen, der
Übermacht nicht zu unterliegen!
Sonnabend, 8. 8. 1914
Herr Homm schrieb
heute nur Beruhigendes. Die Russen scheinen sich in ihr Land zurückgezogen zu
haben. ...
Sonntag, 9. 8. 1914
Nachricht von Anna aus
Neustettin, wo sie glücklich gelandet ist. Nachdem der alte Geizhals auf dem Lande
sie nicht aufnahm, mußten sie nach der Stadt zurück und standen am Abend
obdachlos. ... Für die Nacht fanden sie endlich Unterkunft bei einer reichen Rentierfamilie
Nöske. Dann suchte sich Anna eine Wohnung, zahlt dafür 25 M den Monat. ... Ich
muß ihr natürlich Geld schicken, ob ich es mal zurück bekomme?
Montag, 10. 8. 1914
Von Anna ein Brief,
sie ist nun ganz beruhigt ...
Dienstag, 11. 8. 1914
Herr Homm schrieb
einiges Interessantes. Major Beerbohm war mit dabei, als die 8 Geschütze bei
Bialla erbeutet wurden. Herr v. Streng schreibt aus Allenstein, daß sie sich
dort befinden und viel angestaunt worden sind.
Heute große Hitze,
arme Truppen.
Für Herrn Homm kaufte
ich gestern Mütze und Achselstücke. Er ist Kriegsgerichtsrat geworden und freut
sich unmenschlich darüber. Am liebsten zöge er gleich mit ins Feld! ...
Willy schrieb von Widminnen aus, daß in Pammern alles in Ordnung ist ...
Mittwoch, 12. 8. 1914
Von Willy ein Brief,
er wirtschaftet mit Ida wie im Frieden und ist nur in Sorgen um Anna, ...
zu Hause (in Pammern)
fand Willy alles in Ordnung ...
Sonnabend, 15. 8. 1914
Herr Homm schrieb, daß
in der Nacht vom 13. zum 14. Marggrabowa (Oletzko, Treuburg) beschossen wurde.
Herr v. Streng bekräftigte dies in einem Brief an Borko. Sie hörten in Berghof
sogar den Donner der Kanonen und sahen die Rauchwolken am Horizont. Mein Gott,
welch ein namenloses Unglück ist über unser Vaterland gekommen! ...
In Lötzen werden alle
Gebäude der Königsberger Straße abgebrannt, damit man von der Festung (Boyen)
aus zur Verteidigung freies Gebiet hat. Gebe Gott, es
käme nicht dazu!
Dienstag, 18. 8. 1914
... Herr Homm
schreibt, daß Marggrabowa in den Händen der Russen ist. Wie viel Blut wird es
kosten, sie daraus zu vertreiben. ...
Freitag, 21. 8. 1914
Viele tausend
Verwundete treffen täglich ein – ein furchtbarer
Anblick. Ich kann mich dabei nicht freuen über die Siege, die gemeldet werden.
Seit Tagen ringen unsere wenigen Truppen gegen die Übermacht der Russen bei
Gumbinnen. Wer wird siegen? Brüssel ist in unseren Händen, und dort geht es
unaufhaltsam gen Paris, während die Russen hier nach Berlin streben. Wie wird
das Ende dieses furchtbaren Krieges sein? ...
Abends von Wilhelm eine Karte, er ist bis Rastenburg geflüchtet ...
Sonnabend, 22. 8. 1914
Am Vormittag stand wieder Wilhelm vor mir, endgültig geflohen! Nur mit
einem Kofferchen ... Er will mit Krüger erneut nach Neustettin
...
Herr Homm schrieb uns
am Abend, daß er kommt, gerade in dem Moment, als wir gewarnt wurden, so schnell
wie möglich Königsberg zu verlassen. Was nun tun? Wieder hatte ich nur einige
Stunden Zeit zum Kochen von Weckflaschen und zum Packen. ... Frau Homm war
frischer als in Lötzen damals vor der Flucht.
Frau Kemke traf früh
ein, sie wollen in die Nähe von Berlin bis Frieden ist. Herr Kemke will auch
ins Heer eintreten. ...
Wir entschlossen uns,
erst morgen zu fahrenund heute Herrn Homm abzuwartzen. ... Als ich um 9 Uhr auf
die Bahn ging, hatte ich die große Freude, den neu gebackenen Kriegsgerichtsrat
zu begrüßen! Frau Borko reiste heute Abend nach Hannover ab. ...
Sonntag, 23. 8. 1914
Am Vormittag
verkündeten Extrablätter große Siege der Armeen des deutschen und des
bayrischen Kronprinzen an der Westgrenze. Fahnen sind hochgezogen, der Jubel in
Deutschland kennt keine Grenzen. So feiern die einen Siege, während die armen
Flüchtlinge um ihr verlorenes Hab und Gut in Tränen sind.
Wir entschlossen uns,
statt abends am Nachmittag abzureisen, was sehr gut war. Der Zug allerdings
überfüllt, wir kamen ausgezeichnet allein in einem Abteil 1. Klasse unter und
richteten uns da unsere Wohnung für 36 Stunden ein.
Auf dem Bahnhof in
Königsberg wurden viele russische Gefangene an uns vorüber geführt – elend und
müde waren sie, verängstigt und verstört. Ihre Kleidung war schmierig, aber
nicht zerrissen, sie haben nicht Tuch, sondern feldgrauen Drill.
Montag, 24. 8. 1914
Den ganzen Tag
brachten wir im Zug zu, nachdem wir uns von Herrn Homm verabschiedet hatten. Er
zog in die Festung Boyen ein, einem ungewissen Los entgegen. Er erzählte, daß
Widminnen brennt und daß die Russen schon vor Lötzen stehen. Der Zug geht wohl
bloß bis Stürlack. ... Überall auf den Stationen waltete das Rote Kreuz seines
Amtes, und viele Gaben kommen auch uns armen Flüchtlingen zugute, welch eine
segensreiche Einrichtung.
Dienstag, 25. 8. 1914
Der Morgen graute, als
wir um ½ 2 in Berlin einfuhren und auf dem Bahnhof Charlottenburg ausstiegen.
Wir hatten eine sehr gute Fahrt hinter uns, da wir allein geblieben waren.
Interessant war es unterwegs: genau wurde gefragt, ob die Reisenden ein
bestimmtes Ziel hatten usw., da Berlin schon überfüllt sei.
Mit der Droschke
fuhren wir nach dem Potsdamer Bahnhof, die Fahrt war wunderschön in der stillen
Luft. Ich sah Berlin, an dem ich vorüber fuhr, einen Teil des Tiergartens und
das Brandenburger Tor. Leider war ich zu müde, um etwaige Eindrücke mitnehmen
zu können. Auf dem Potsdamer Bahnhof blieben wir bis 8 Uhr und hatten dann erst
Anschluß nach Magdeburg mit einem D-Zug. Bis 5 Uhr kampierten wir in einem
Eisenbahnabteil 3. Klasse, weil die Warteräume noch nicht geschlossen waren. So
erlebten wir vieles, was bei normalen Reisen nicht vorkommt. Bis Magdeburg ging
die Fahrt allein 2. Klasse sehr gut, unter anderen Verhältnissen hätte ich mehr
Sinn für die Gegend und ihre Reize gehabt. Jetzt ging alles ziemlich spurlos an
mir vorüber.
In einer Droschke
fuhren wir zunächst zu Sandmanns, wo eine freudige Begrüßung stattfand. Ja, als
ich vor einem Jahr die Familie in Berghof zur Bahn brachte, hatte niemand daran
gedacht, daß wir hier so bald ein Wiedersehen feiern werden. Herr Sandmann ist
bereits fort, in Belgien; die Frau in Sorgen um ihn, da noch ohne jede
Nachricht. Wir haben ein gutes Logis.
Mittwoch, 26. 8. 1914
Nach langer Zeit gut
geschlafen. Ich besorgte die Kleine, der die Reise auch gut bekommen
ist, ging zu
Sandmanns, wo Herr v. Streng (aus Stallupönen) mit Dieter eingetroffen war. Er
hofft hier eine Anstellung im Baufach zu erlangen. Nachmittags fuhren wir mit
ihm durch die Stadt, wo wir die Sehenswürdigkeiten Magdeburgs in Augenschein
nahmen. Überall Fahnen und Extrablätter. Namur ist in unserem Besitz! Vom Osten
hört man hier nichts, da wird die Entscheidung auch noch auf sich warten lassen.
Wie wird sie ausfallen? Man hofft, zu unseren Gunsten. Abends saßen wir mit Frau
Sandmann und Herrn v. Streng noch ein Weilchen zusammen.
Donnerstag, 27. 8.
1914
Fix mußte wieder alles zur Reise
fertig gemacht werden, um 9:36 Uhr ging der Zug nach Aschersleben. Frau
Sandmann und Herr v. Streng brachten uns zur Bahn. ....
Hier ändert der Krieg nichts im gewöhnlichen Leben, alles geht seinen
Gang. Nur die großen Reservistenzüge sagen einem, daß etwas besonderes
in der Welt los ist. ... Wir fuhren in zwei Stunden sehr gut bis Aschersleben.
A. ist Fabrikstadt und hat gegen 30 000 Einwohner. In einem Omnibus fuhren wir
nach Westdorf zu Pastor Eiselen, wo wir ein sehr herzliches Willkommen fanden,
doppelt wohltätig für uns Flüchtlinge, die wir die Heimat verloren.
Auch meinen Ahnen, den alten Salzburgern, ist es ähnlich ergangen, nur
mußten sie sich im fremden Land ihr Haus bauen und sich das neue Heim gründen,
während es uns hoffentlich vergönnt sein wird, in alter Hütte ein neues Leben
zu beginnen. ...
Nachdem wir bei Pfarrers Mittag gegessen, richteten wir uns in zwei
Zimmern in der Mühle notdürftig ein. Betten fanden wir, und alles andere wird
sich finden. Pastors sind so reizend liebenswürdig und räumen uns viel
Widerwärtiges aus dem Wege. Dankbar werden wir ihrer in späteren Zeiten
gedenken. ...
Heute ein Extrablatt: Die ganze englische Armee geschlagen, ebenso ein
Sieg über die Franzosen.
Freitag, 28. 8. 1914
Nachricht von Anna. Willy
ist schon dort ...
Sonnabend, 29. 8. 1914
Mit jedem neuen Tag
wird es bei uns wohnlicher, Pfarrers sorgen rührend – man findet überall gute
Menschen.
Aus Ostpreußen die
Nachricht, daß 5 russische Armeekorps bei Ortelsburg zurückgeschlagen worden
sind, vielleicht ein günstiges Zeichen für die Folge des Krieges zu unseren Gunsten
auch im Osten. (Randbemerkung: dabei sind 70 000 Russen gefangen worden,
darunter 300 Offiziere und zwei kommandierende Generäle. Die Schlacht wird in
der Geschichte die „bei Tannenberg“ heißen. 1410 war es dort schon einmal
blutig zugegangen.)
Die Russen sind leider
schon in vielen anderen Städten, auch in Allenstein, wo ihre Fahnen wehen.
Montag, 31. 8. 1914
Wir leben uns immer
mehr ein. Ich wünschte, ich hätte auch Zeit, die Gegend in Augenschein zu
nehmen. Die Harzberge sehe ich vom Fenster aus. Das Dorf liegt an der Eine, einem kleinen Flüßchen, das in die Bode fließt.
Habe es mir nicht träumen lassen, Eiselens Heimat so zu genießen, auch
Merseburg und Thale liegen nicht mehr weit von hier. ...
Immer neue
Siegesnachrichten kommen aus dem Westen: ein englisches Heer bei M. vernichtet,
die Franzosen geschlagen, leider auch 7 Schiffe verloren, unserer Flotte wird
es übel ergehen.
Dienstag, 1. 9. 1914
... Heute melden die
Zeitungen, daß Ostpreußen von Russen frei ist. Ich glaube es nicht, wir würden
sonst Nachricht von Homm haben. Neidenburg und Hohenstein sind dem Erdboden
gleich gemacht. Oh Gott, welch ein Elend überall!
Mittwoch, 2. 9. 1914
Das Sedanfest zu
feiern, ist dieses Jahr verboten. – Mir war gestern sehr schludrig, und heute liege
ich an Influenza. Frau Homm muß sich
allein mit allem wissen. Es ist gräßlich, doch nichts zu machen. Eine Erkältung
und die Strapazen der Reise kommen nach. ...
Donnerstag, 3. 9. 1914
Extrablätter brachten
die Nachricht von neuen Siegen ... Der Kaiser befindet sich in der Armee des
Kronprinzen! ...
Sonnabend, 5. 9. 1914
Wieder wehen Fahnen –
neue Siege: Reims ist gefallen, es geht los auf Paris! – Pastors hatten gestern
Nachricht von Jochen, er hat die Schlacht bei
Tannenberg mitgemacht, ist heil und gesund. Heute schrieb ihr Sohn Wilhelm, der
glücklich Longwy hinter sich hat! ...
Die Zeitungen sind des
Lobes über Deutschland voll, das viel vermag, weil es einig ist. Auch das
Ausland, soweit es nicht zu unseren Feinden gehört, läßt uns unseren Ruhm.
Beinahe unheimlich klingen täglich nur Siegesnachrichten. Gebe Gott, es bleibt
so!
Sonntag, 6. 9. 1914
... Noch immer treffen
neue Siegesmeldungen ein: Reims ohne Kampf in unsere Hände gekommen, Belgrad
von den Österreichern zum Teil in Grund und Boden geschossen, die Deutschen 40
km vor Paris! ...
Montag, 7. 9. 1914
... Der Kaiser weilt
bereits auf französischem Boden. Gebe Gott, daß ihm dort kein Unglück passiert.
...
Dienstag, 8. 9. 1914
Endlich nach bangen
Wochen von Herrn Homm eine Karte aus Lötzen vom 1. 9., ein Zeichen, daß er lebt.
Post geht noch nicht nach dort, die Karte hat ein Flieger mitgenommen.
Gleichfalls dann ein Brief vom 1. 9. Homm schreibt in Eile, daß sie in der Feste
wohl und munter wird, daß sie nur einmal von russischer Infanterie angegriffen
wurden und daß unsere Wohnung unversehrt ist. Er hofft auf baldige
Fertigstellung der Postverbindung, dann hören wir mehr.
Mittwoch, 9. 9. 1914
Wie fruchtbar ist doch
die Provinz Sachsen im Vergleich zu unserem Masuren. Alle Berghänge sind mit
Obstbäumen bepflanzt, die das herrlichste Obst tragen. Sie müssen weder gedüngt
noch sonst gepflegt werden. Die Früchte werden einfach geerntet, so wie bei uns
die Eicheln, nur daß man das Obst für teures Geld verkaufen kann. ...
Das größte Vertrauen
haben alle zu dem Befehlshaber der Ostarmee v. Hindenburg. Der Mann hat mit
seinen Truppen Unmögliches möglich gemacht! ...
Sonnabend, 12. 9. 1914
Ein Extrablatt brachte
die Nachricht von einem Sieg bei Lyck. Somit sind die Russen wieder in Masuren.
Wie oft werden sie dort noch hausen, bis es uns gelingt, sie dauernd
unschädlich zu machen! ...
Sonntag, 13. 9. 1914
Brief von Anna, Willy
hofft, bei einer Schule anzukommen. Wer weiß, was die Regierung über ihn und
Krüger beschließt. ...
Montag, 14. 9. 1914
Wehmut zieht durchs
Herz, wenn man so an die letzten Jahre denkt und all die Geburtstage, die wir
in Berghof gefeiert haben. Ach, es gibt für mich da solche und sone
Erinnerungen. Gottes Fügung ist es gewesen, daß ich fort ging. Sobald sollte
der Tag kommen, daß ich dieses einsehe! ...
Dienstag, 15. 9. 1914
Fern der Heimat im
schönen Thüringen feiere ich in diesem Jahre meinen 42. Geburtstag. Dankbar bin
ich Frau Homm, die mir alles so schön gemacht hat, wie ich es seit vielen
Jahren gewöhnt war. Eine Torte zierte den schön geschmückten Tisch, schöner
Stoff zur Bluse erfreute mich, und sogar das Kränzchen um die Tasse fehlte
nicht. Gott, wie schön habe ich es noch im Vergleich zu vielen, vielen anderen!
...
Fr. Homm hatte drei
Briefe aus Lötzen, welche Freude für uns alle. Nur Gutes schreibt Herr Homm,
die Stadt ist unversehrt! Beschütze Gott auch weiter alles! ... Herr Homm hat
eine Dienstreise im Auto durch alle Ortschaften an der Chaussee bis Lyck
gemacht und eine andere über Jucha und Widminnen. In Berghof fand er alles
unversehrt, Bouvain war mit Frau dort geblieben und ihnen ist es wohl zu
verdanken, daß alles steht und nichts geplündert wurde. Die Kosaken schleppten
aber alles Eß- und Trinkbare fort, ebenso alle Pferde und alles Vieh, bis auf
wenige Stück. Den Geldschrank versiegelten sie!
In Ranten haben sie (die Russen) das Wohnhaus abgebrannt, es stehen nur die
Mauern. Jucha ist vollständig abgebrannt – das Gut! In Kl. Gablick haben die
Russen gehaust, aber nichts verbrannt und nichts zerschlagen, dafür bei Kemkes
alles zertrümmert. ... Wie mag es im Pammerer Schulhaus aussehen? ...
Mittwoch, 16. 9. 1914
An Tilly schrieb ich
eine Karte und bat sie um drei Exemplare der Ostpreußischen (Zeitung) vom 15.
Sept. Herr Homm hatte seine Reise von Lötzen nach Lyck am 10. beschrieben und
sie der Zeitung zum Abdruck geschickt. Wir lasen sie gestern. Ja, was werden Bouvains
da alles erlebt haben und zu erzählen wissen! Der Mut, dort zu bleiben ist ja
zu bewundern und – hätte ich es nicht auch getan, wenn ich dort gewesen und alles
beim Alten geblieben wäre?
Dienstag, 22. 9. 1914
Frau Homm hatte
Nachricht von Herrn v. Streng. Er schrieb, daß er nach Hause will, über
Königsberg und bei Borko zur Nacht. Wir erhalten dann einen ausführlichen Bericht,
wie es in Berghof aussieht. Ach möchte mir doch jemand bald etwas über Pammern
schreiben! Von Herrn Homm und Bouvains erhielt ich aus Berghof einen
Glückwunsch zum Geburtstag. Am 15. ist er dort gewesen. ...
Donnerstag, 24. 9.
1914
Von Anna ein Brief ...
Willy hat schon Lust, heim zu fahren und zu sehen, was die Russen uns gelassen ...
Freitag, 25. 9. 1914
... Die Russen
scheinen in Pammern nichts verwüstet zu haben. Herr Kammers Vater war dort und
berichtete. Über das Schulhaus fehlt allerdings jede Nachricht. Der Verwalter und
vier Instleute waren dort geblieben. ... Man sieht mit Bangen den kommenden
Ereignissen im Westen entgegen – wir werden siegen, aber die Opfer, die dieser
Sieg noch fordern wird!
Sonnabend, 26. 9. 1914
Heute mein
Einsegnungstag, er ruft Erinnerungen aus einer Zeit wach, die nun 28 Jahre
hinter mir liegt. ... Von Herrn Homm vom 11. September eine Karte aus
Angerburg. „Die Perle Rußlands“ haben die Russen die Stadt genannt, was müssen
die für Nester haben? Diese Unverschämtheit – die Perle Rußlands!
Sonntag, 27. 9. 1914
... Frau Kemke
schickte uns gestern einen Brief von Herrn Kemkes Eintreffen in Widminnen und
was er da von den Verwüstungen der Russen alles gesehen hat. Es spottet einfach
jeder Beschreibung. Herr Kemke berichtet: unser Geschäft ist vom Feuer verschont,
in den Zimmern herrscht aber das Grauen. Alle Möbel sind durcheinander
geworfen, alle Schränke und Schubladen geöffnet, ihr Inhalt auf dem Fußboden
verstreut. In allen Stuben einzelne Bettstücke auf der Erde ...
... Wer weiß, was sie
uns in Pammern ganz gelassen haben. Mit am meisten
würde es mir um mein Tagebuch leid sein.
Montag, 28. 9. 1914
Meine Mutter sagte
immer: Wie Du glaubst, so Dir geschieht. Ich glaube auch an Bestimmung
...
Dienstag, 29. 9. 1914
Borko schrieb an Frau
Homm, daß wir an die Heimreise noch nicht denken können, bevor die Sache in
Österreich nicht entschieden ist. ...
Dorchen bekam ihr zweites Zähnchen.
Mittwoch, 30. 9. 1914
Acht Wochen tobt nun
schon der Kampf, und wie lange wird er noch dauern? ...
Donnerstag, 1. 10. 1914
Herr v. Streng teilte
Frau Homm ihre glückliche Heimkehr mit. Sie gehören zu den Glücklichen, die ihr
Heim unverwüstet gefunden haben, was nur wenigen beschieden ist. Wie mag es in
Pammern aussehen?
Sonnabend, 3. 10. 1914
Von Anna die frohe
Nachricht, daß unser Heim unversehrt. Die Russen haben drinnen zwar gehaust,
aber nur eine Tür und einen Tisch zerbrochen. ...
Willy und Anna denken
schon an die Heimreise, und ich will nicht abreden. Sie können nun Kartoffeln
und Gemüse noch ausnehmen. Daß die Russen noch mal kommen, ist vielleicht auch
nicht zu befürchten.
Sonntag, 4. 10. 1914
... Herr Homm schrieb
an seine Frau, daß die Lage im Osten sehr ernst sei, Lötzen überaus stark
befestigt wird, demnach doch stark mit einer Wiederkehr der Russen gerechnet werden
muß. ... Ein Extrablatt brachte die
Nachricht des Sieges bei Augustowo über zwei russische
Armeekorps. ...
Dienstag, 6. 10. 1914
Herr Homm schrieb
wieder allerlei. Auf Grund der großen Armeen, die in Russland auf
unsere Grenzen zogen,
flüchtete wieder alles, noch bevor die Schlacht bei Augustowo geschlagen war. Auch
Bouvains verließen Berghof und trafen mit Kisten und Kasten bepackt in Lötzen
ein. ...
Freitag, 9. 10. 1914
Frau Bouvain schrieb
mir aus Lötzen, wohin sie mit Mann und Kindern geflohen sind. Die Russen sind
abermals in Lyck, Depeschen melden es in den Zeitungen. ...
Sonnabend, 10. 10. 1914
... Antwerpen ist nach
12-tägiger Belagerung gefallen. Der König und die ganze Besatzung geflohen! ...
Donnerstag, 15. 10.
1914
Extrablätter brachten
die Nachricht, daß die Russen gestern wiederum den Versuch machten, Lyck zu
nehmen. Gottlob konnten sie zurück geschlagen werden, weiß Gott für wie lange.
...
Donnerstag, 22. 10.
1914
Frau Kammer schrieb
mir, daß sie Pammern aufgegeben haben ...
Herr Homm schickte
eine Ansicht vom Lycker Markt aus gesehen. Die Kirche und die daneben stehenden
Häuser zerschossen, kein Fenster ist ganz, alles ausgebrannt. ...
Sonnabend, 31. 10. 1914
Nun dauert der Krieg
schon ¼ Jahr, und wie weit werden wir sein, wenn ein weiteres ¼ Jahr dahin
gegangen ist? ...
Dienstag, 3. 11. 1914
Durch Herrn Homm hörten
wir, daß unsere Truppen vor Warschau zurückgehen mußten, weil die Österreicher
nicht zur rechten Zeit dort sein konnten. Schade, nun verzögert sich die
Entscheidung um Wochen. ... Vom Westen nichts Neues . Hartnäckig wird weiter
auf beiden Seiten gekämpft ...
Donnerstag, 5. 11.
1914
Herr Homm schrieb das
Erfreuliche, daß zu erwarten ist, daß Italien dem alten Bündnis treu bleibt.
Die Türkei steht bereits im Krieg mit dem Dreibund ...
Dienstag, 10. 11. 1914
Von Herrn Homm hörten
wir, daß die Russen gen Marggrabowa ziehen. Da wird Willy dann auch nicht mehr
lange in Pammern bleiben.
10 Jahre sind es heute
her, daß unser geliebter Vater die Augen für immer schloß. Ihm
ist so wohl in Pammerns kühler Erde, während überall das Kriegsgetümmel wogt!
--
Donnerstag, 12. 11. 1914
Nachrichten vom 6. 11.
von Herrn Homm: Lyck brannte, unser
Militär hatte sich auf Jucha-Skomatzko-Arys zurückgezogen. Wie mag Berghof und
Pammern davongekommen sein?
Sonntag, 15. 11. 1914
Dorchen feiert ihren
ersten Geburtstag. Die Kinder haben es in dieser schweren Zeit am besten, sie
wissen nichts vom Elend, das über uns hereingebrochen ist.
Herr Homm schreibt auch von all den Flüchtlingen, die wieder durch Lötzen
ziehen, dazu jetzt die Kälte! Die Russen stehen bei Przykopp und Eckersberg. Es
scheint also nicht gelungen, sie aufzuhalten! ...
Montag, 16. 11. 1914
... Seit Freitag ist
Wilhelm glücklich bei ihnen (Anna und Kinder) gelandet. Ich bin froh, daß ich
weiß, wo er ist.- Leider weiß er nicht, wo mein Tagebuch ist, er konnte es
nicht finden. Ich bin traurig über diesen Verlust. Es wäre mir nicht angenehm,
daß das, was ich den Blättern anvertraut, von unbefugten Augen gelesen wird,
allerdings wird das Wesentliche anderen unverständlich sein. ...
Dienstag, 17. 11. 1914
Herr Homm berichtet,
wie traurig es in unserer Heimat aussieht, viel trauriger als beim ersten
Russeneinfall im August. Die Kälte setzt den armen Flüchtlingen hart zu, es ist
ein Herz zerbrechendes Elend überall. Die Russen stehen bei Przykopp und
Staßwinnen, ein Durchbruch nach Lötzen hin wird ihnen hoffentlich nicht
gelingen. Das ist ja auch genügend befestigt, um Widerstand leisten zu können.
Wie wird Pammern fortgekommen sein? ...
Donnerstag, 19. 11.
1914
Herr Homm schreibt:
die Fenster klirren, man sieht am Abend viele Feuerscheine von in Asche
aufgehenden Dörfern und Gehöften. Die Russen wollen die Festung belagern, es
wird hoffentlich nicht dazu kommen!
Montag, 23. 11. 1914
Von Herr Homm keine
erfreulichen Nachrichten. Die Russen fangen an, die Befestigungen der Festung
zu erobern. ... Die Russen nahmen die sehr befestigte Stellung von Seehöhe und
beschießen die Paprodtker Berge. ... Frauen und Kinder haben die Stadt bereits
verlassen. ... Strengs sollen am 20. November Lötzen verlassen haben!
Dienstag, 24. 11. 1914
Gestern der erste
Schnee, und heute versuchte Ernst mit den Kindern eine Schlittenfahrt, er war
selig. Die Kinder entwickeln sich prächtig und sind unsere Freude in der schweren
Zeit.
Sonnabend, 28. 11. 1914
Herr Homm schrieb, daß
die Russen schon Przykopp hatten. Der Landsturm leistete da keinen Widerstand,
dann kamen die aktiven 33er und warfen die Russen wieder heraus! ...
Sonntag, 29. 11. 1914
... Frau Rievers
schrieb an Frau Homm, sie sind alle in Langfuhr bei ihrer Schwester gut
geborgen. ...
Montag, 30. 11. 1914
... Herr Homm
schreibt, daß das Einkreisen der Russen beginnt!
Montag, 7. 12. 1914
Mir war ganz eigen
zumute, als ich meinen alten schwarzen Kasten vor mir sah, unversehrt, Trotzdem
ich die Nachricht erhalten hatte, daß die Russen ihn zertrümmert hatten! Sein
Inhalt erfreute mich sehr, obwohl manches Stück fehlte. Ich habe doch viel mehr
als andere und das kann ich nur den braven Leuten Walendy verdanken, besonders
der Frau, die den Kosaken wehrte, als sie unsere Habe vernichten wollten. Leid
tut es mir, daß mein ganzes Tagebuch verschwunden ist, 18 Jahrgänge, nur ein
kleiner Bruchteil ist da, und selbst dieser durch Zerreißen der Mitte vernichtet.
...
Donnerstag, 10. 12.
1914
Meine gute Mutter wäre
heute 79 Jahre alt, wie gönne ich ihr die Ruhe! ...
Von Rievers ein lieber Brief. Ich hatte mich der Feuerversicherung wegen an ihn
gewandt, nun wies er mich nach Königsberg an die Agentur. ...
Freitag, 11. 12. 1914
... Unsere Lore wird
heute 6 Jahre alt. Als sie erschien, war ich seit Oktober von Berghof fort und
da gerade von einer schönen Besuchsreise Königsberg - Insterburg zurückgekehrt.
Donnerstag, 17. 12.
1914
Gestern schrieb Herr
Homm, daß Urlaub zu erhoffen sei. Wir haben ihn dann am 22. hier! ...
Sonnabend, 19. 12. 1914
... Das liebe Dorchen
fängt an zu gehen am Stuhl. ...
Montag, 21. 12. 1914
... Am Abend traf Herr
Homm überraschend ein. Er wußte viel zu erzählen. Die Russen stehen vor Lötzen.
...
Mittwoch, 23. 12. 1914
Erinnerungen steigen
heute auf an die letzten Jahre in Berghof. ... 1911 und 1912 waren wir in
Lötzen bei Homms und feierten dort ... Ich schrieb an Rievers.
Donnerstag, 24. 12. 1914 (Heiligabend)
Frau Homm geht es schon
so gut, daß sie heute alles allein machen konnte, was zum Heiligen Abend nötig
ist. ... Der kleine Baum war bald geschmückt, und um 5 Uhr war Bescherung. ...
Erinnerungen aus früherer Zeit stiegen in mir auf – ich sah den Baum im
Elternhaus – bei Saleckers in Berghof – zu Hause in Jucha und in Pammern.
Sonnabend, 26. 12. 1914 (2. Weihnachtsfeiertag)
Von Anna und den Kindern (Lotte, Else, Karl, Lore) liebe Briefe
Dienstag, 29. 12. 1914
Vor 14 Jahren machte
ich heute Herrn v. Frankensbergs Hochzeit mit; alle Aufzeichnungen darüber sind
dahin. Es war damals eine schwere Zeit für mich in Gumbinnen ...
Frau Homm begleitet ihren Mann morgen nach Leipzig, wo er einen verwundeten
Korpsbruder besucht. ...
Neujahr, 1. 1. 1915
Homms machten eine
Harztour und brachen ziemlich früh auf. ...
Ernst fiel von der Sofalehne herunter ...
Sonntag, 3. 1. 1915
Herr Homm verließ uns heute ...
Dienstag, 5. 1. 1915
... Vor 12 Jahren war
ich in Königsberg bei Frankenbergs. – Das Wandern nahm in Berghof ein Ende, und
heute stehe ich wieder davor und sehne mich doch so nach endlicher Ruhe!
Freitag, 8. 1. 1915
Herr Homm schrieb, daß
wieder große Truppentransporte nach dem Osten beginnen. Es
scheint die Absicht
vorzuliegen, die Russen heraus zu treiben ...
Sonnabend, 9. 1. 1915
Post aus Lötzen ...
Frau Rievers war mit den Kindern zum Heiligabend nach Lötzen gekommen, und als
die Granaten vom ersten Feiertag ihren Köpfen nicht geschadet hatten, blieben
sie. ...
Montag, 11. 1. 1915
Frau Homm fängt an, über
Schmerzen im Bein zu klagen, sieht elend und traurig aus ...
Dienstag, 12. 1. 1915
... Frau Homm klagt
weiter über Beschwerden im kranken Bein, ich sehe mich noch nicht in Berlin ...
Sonnabend, 23. 1. 1915
... abends kam die Nachricht
von Anna, daß Wilhelm am 21. eingezogen wurde und sich in Allenstein melden muß,
trotz des Unabkömmlichkeitsscheins!
Dienstag, 26. 1. 1915
Gestern schrieb Homm,
daß Herr von Streng auch eingezogen ist, so hat es ihn auch ereilt. ...
Von Anna die Nachricht,
daß Willy schon eingekleidet ist und bereits übt. ... Es wird für den älteren
Mann auch nicht mehr leicht sein, Gewehrgriffe zu üben
Mittwoch, 27. 1. 1915
Wilhelm sandte ich
einen Kartengruß, er ist nun Landsturmmann, wie wird es ihm behagen? ...
Donnerstag, 28. 1.
1915
... Herr v. Streng schickte
mir den Schein über die Hinterlegung meines Kontobuches N. 251 über 4270 M, was
mir sehr angenehm ist. ...
Montag, 1. 2. 1915
... Heute vor 14
Jahren zogen Anna und Willy in Pammern ein ...
Dienstag, 2. 2. 1915
Vor einem Jahr zogen Strengs
in Berghof ein ...
Montag, 8. 2. 1915
Heute vor 4 Jahren
feierten wir Homms Hochzeit in Berghof – niemand ahnte, was uns und auch mir
die nächste Zukunft bringen sollte. Willy als heimlicher Bräutigam ...
Mittwoch, 10. 2. 1915
... Alles Getreide und
Mehl ist im Deutsche Reich von der Regierung beschlagnahmt worden. ... In jedem
Haushalt darf nur ½ Zentner Mehl vorrätig sein, Brot darf nur 4 Pfund wiegen
und pro Kopf in jeder Woche nur 4 Pfund verbraucht werden.
Donnerstag, 11. 2.
1915
Heute Nachricht von
Willy, es geht ihm gut, er hat sich eingelebt. ...
Mit Ernstchen machte
ich heute nach langer Zeit einen kleinen Spaziergang. Die Kinder sind wieder
vergnügt und munter.
Sonnabend, 13. 2. 1915
Schon gestern Abend
läuteten in den Städten die Glocken, und Extrablätter verkündeten den großen
Sieg und die zweite Befreiung unserer Heimat von den Russen.
Sonntag, 14. 2. 1915
... Von Herrn Homm die
Nachricht, daß wir Ende Februar eventuell nach Hause könnten.
Neuhoff war am 10.
schon vom Feinde frei und war unversehrt, dagegen sollen sie Widminnen
angesteckt haben ...
Mittwoch, 17. 2. 1915
Anna schrieb von Willy
die Nachricht, daß er nur garnisondienstfähig sei und jetzt zum Schutz der Bahn
bei Braunsberg weilt! Ich bin froh, man zitterte doch für den Vater kleiner, unerzogener
Kinder. – Anna schrieb immer wieder, wie gut es den Kindern in der Schule geht
und wie sie sich freut, daß ich nach Lötzen ziehen und die Kinder zu mir nehmen
will. ...
Freitag, 19. 2. 1915
... Homm schrieb mir,
ich soll schleunigst nach Berlin und dann heim!
Sonntag, 21. 2. 1915
Um ¼ 9 begab ich mich
auf den Weg, kam zeitig in Aschersleben an und fuhr nach Berlin, wo mich auf
dem Bahnhof Friedrichstraße Emma und Alfred Richter empfingen. Nun war ich
aller Sorge enthoben, wie ich nach Kaulsdorf herauskomme. – Wir gingen zu
Agnes, die Unter den Linden 16 wohnt und ruhten ein wenig aus. Dann fuhren wir
mit einem Vorortzug nach Sadowa, und von da durch ein Wäldchen nach Kolonie
Kaulsdorf, wo Bechler sich ein nettes Häuschen gebaut hat. Das Wiedersehen mit
der alten Tante war ein bewegt freudiges.
Montag, 22. 2. 1915
Nachdem ich an Herrn
Prange einen langen Brief geschrieben hatte, aßen wir Mittag, und ich fuhr mit
Kurt nach Berlin. ...
Dienstag, 23. 2. 1915
Am Vormittag besah ich
mir die Schlösser und das Nationaldenkmal ... Im Zeughaus fand ich dann manches
Bewundernswertes ... Bei Agnes aß ich Mittag und fuhr dann mit Kurt nach
Kaulsdorf ... Lieschen hat an mich eine Karte geschrieben, nun muß ich morgen
mal sehen, was bei Schneiders los ist ...
Sonntag, 28. 2. 1915
Alfred brachte mich
zur Bahn, wann werde ich sie alle wieder sehen? In Magdeburg empfingen mich
Frl. Strehl und Else und ... Am Nachmittag wollte mir Frau Sandmann die
Sehenswürdigkeiten der Stadt zeigen. Ein Schneesturm setzte ein, und wir
flüchteten in den Kreuzgang des Doms ... Um 4:48 Uhr fuhr ich gen Aschersleben
... Groß war die Freude aller, als ich wieder da war.
Montag, 1. 3. 1915
Wir packen schon sehr und
denken an den Aufbruch. ...
Dienstag, 2. 3. 1915
Schon in der Nacht
fiel es uns auf, daß Ernst fieberte, und heute wurden wir davon überzeugt, daß
die Masern, die hier überall herrschen, im Anzug sind. Nun können wir wieder
einige Wochen hier bleiben, mit denen wir nicht gerechnet hatten! Ernst hat
hohes Fieber, ist aber sehr vergnügt; am Ende sind es gar nicht die Masern!
Mittwoch, 3. 3. 1915
Ernst fiebert etwas,
ist aber sehr vergnügt ...
Donnerstag, 4. 3. 1915
Es scheint, als wenn
die Russen sich der Verfolgung energisch entgegenstellen – schenke Gott der
gerechten Sache den Sieg! ... Ernsts Zustand ist merkwürdig ...
Sonntag, 7. 3. 1915
Heute vor drei Jahren
fuhr ich mit Anna nach Königsberg, da begann ihre erste Leidenszeit. ... Der
Ostpreußischen Bank in Allenstein machte ich die Mitteilung, von meinem
Guthaben 4000 M Kriegsanleihe zu zeichnen. So trage auch ich etwas dazu bei,
daß das Vaterland widerstandsfähig bleibt. ...
Montag, 8. 3. 1915
... Seit heute sind
auch hier Brotkarten verteilt, nach denen man pro Kopf und Woche 2000 g Brot
oder Mehl erhält. ...
Mittwoch, 10. 3. 1915
Den Kindern geht es
gut. Ihretwegen könnten wir reisen, der Frost, heute früh -10°, läßt es nicht
dazu kommen, es wäre zu gewagt.
Donnerstag, 11. 3.
1915
Am Vormittag kam von Herrn
Homm ein Telegramm, daß wir kommen sollen. Frau Homm entschloß sich kurz, und
wir fahren morgen. ...
Freitag, 12. 3. bis Sonntag, 14. 3. 1915
... Der Wagen brachte
uns mit all dem vielen Gepäck glücklich nach Aschersleben. In Berlin war es schwer
mit dem Umsteigen, ... und um 11 Uhr ging es in die Heimat.- Die Kinder
schliefen ... Als wir nach Thorn kamen, war es schon hell, und ich konnte die
große Weichselbrücke sehen. Vor Allenstein mußte der Zug lange halten, der vielen
Militärtransporte wegen. Zum Glück fanden wir in Korschen gleich Anschluß und
konnten gleich weiter nach Lötzen. Schon in Korschen sah man die ersten Spuren
russischer Verwüstung. ... In Lötzen erwartete uns Herr Homm ... und im Wagen
fuhren wir heim. Dort war alles wie wir es verlassen hatten. ...
Montag, 15. 3. 1915
Man könnte sagen: Kriegstagebuch,
denn es wird noch manches weltgeschichtliche Ereignis in diesem Buch
verzeichnet werden. ...
Dienstag, 16. 3. 1915
... Bei Rievers fand
ich alles unverändert, und Frau Rievers lud mich für lange ein, wenn ich von Homms
gehe; ich nahm es mit Dank an. Auch Herr Kemke sagte mir, daß in Widminnen im
Kemkeschen Haus für mich immer Raum ist, das freut. ... Am Nachmittag ging ich
mit Frau Homm den Hindenburg sehen, was uns auch gelang. Wir sahen ihn
langsam und bedächtig aus dem Auto steigen ...
Sonnabend, 20. 3. 1915
... ich sehne mich
nach einer Lebensaufgabe und fühle es täglich mehr, wie übrig ich hier bin ... Dann
schrieb mir Schwager Wilhelm, daß es ihm gut geht und daß er auf einen
Osterurlaub hofft.
Sonntag, 21. 3. 1915
Herr Ernst v. Streng
schläft nun schon 10 Jahre ...
Montag, 22. 3. 1915
... Mit Homms einigten
wir uns dahin, daß ich von heute ab hier Gast bin. -
Donnerstag, 25. 3.
1915
Vor 41 Jahren war in
Rostken große Freude, da wurde der Sohn geboren und heute – vielleicht liegt er
schon, fürs Vaterland gefallen, auf dem Boden Afrikas. ...
Sonnabend, 27. 3. 1915
Herr Homm sagte, ich
soll bleiben, bis es Frieden gibt. Das kann ich nicht annehmen und werde
hoffentlich noch eine andere Unterkunft finden. – Frau Möller-H. schrieb, ich soll
schon morgen zu ihnen kommen und für länger. Ich schrieb ihr gleich, daß ich
später der Einladung folgen kann.
Montag, 29. 3. 1915
... Die Ascherslebener
Bank schrieb mir, daß sie 1009,10 M nach Lötzen überwiesen hat. ...
Mittwoch, 31. 3. 1915
Am Vormittag gingen
wir mit Ernst und Dorchen in die Stadt ...
Ostersonntag, 4. 4. 1915
... Ich war am Vormittag
in der Kirche und hörte dort eine gute Predigt – nur das Organ von Trinker
versagt. ...
Ostermontag, 5. 4. 1915
... Ernst wurde krank,
der Arzt glaubt, es wären Masern im Anzug ...
Dienstag, 6. 4. 1915
... Ernst hat nun doch
die Masern ...
Donnerstag, 8. 4. 1915
Unsere Schwester
Lieschen wäre heute 41 Jahre, wäre sie noch bei uns. ...
Freitag, 9. 4. 1915
... Borkos feiern
heute den 14. Hochzeitstag ...
Sonntag, 11. 4. 1915
Es war auch ein
Sonntag, jener 11. April, an dem meine Schwester Lieschen von uns ging – vor 29
Jahren ...
Freitag, 16. 4. 1915
... Um 11 Uhr fuhr ich
nach Widminnen ... Kemkes Haus sieht schon ganz manierlich aus.
Freitag, 23. 4. 1915
Dorchen hat über Nacht
die Masern bekommen. ...
Sonnabend, 1. 5. 1915
.... Willy hat 500 M
Vorentschädigung erhalten und in Pammern noch Egge und Kultivator gut erhalten
vorgefunden. ...
Montag, 3. 5. 1915
Frau Kemke lud mich
nach Widminnen ein für längere Zeit – vielleicht werde ich davon noch Gebrauch
machen ...
Donnerstag, 6. 5. 1915
Des Kronprinzen
Geburtstag, auf unserem Dach weht eine von mir genähte Fahne. -
Mittags fuhr ich mit Strengs nach Berghof ... Das abgebrochene Gehöft macht einen
traurigen Eindruck, die auf dem Hofe errichteten Buden und Einrichtungen der
Russen sind interessant. Das Haus sieht furchtbar aus, überall die Spuren
sinnloser Vernichtung. Einige Möbel sind ja vorhanden, doch ist jedes Stück
beschädigt. Brennerei und Meierei gänzlich demoliert, interessant das dort
eingerichtete Dampfbad und ebenso eins in der Nähe des Sees. ... Im
Gemüsegarten hatten sie Unterstände für Pferde errichtet und den ganzen unteren
Teil mit Ziegeln gepflastert. Sie hatten keine Ziegel, sie wussten sich zu
helfen: Der Brennerei-schornstein wurde gesprengt. Er verschüttete auch
gänzlich den Brunnen dort, in dem der silberne Tafelaufsatz und einige silberne
Leuchter versenkt sind! -...
Sonnabend, 8. 5. 1915
Am Vormittag ging ich
nach Neuhoff, wo es noch recht wüst aussieht. In der Schule waren ungefähr 20
Russen mit Scheuern und Fensterreinigen beschäftigt. ... Die Kirche ist wenig
beschädigt ... Ich besuchte die Neuhoffer Kapelle ... Nachmittag fuhr ich ab
... Bei Homms in Lötzen wurde ich freudig von allen begrüßt ...
Sonntag, 9. 5. 1915
Frau Möllerchen
schrieb mir, ich soll bald kommen ...
Montag, 10. 5. 1915
Homms haben den Entschluß
gefasst, morgen nach Berghof zu fahren ...
Ernst ist sehr unartig
und gehorcht nur, wenn die Peitsche in Sicht ...
Freitag, 14. 5. 1915
... Der letzte Tag bei
Homms verging mit Stopfen und Nähen schnell ...
Sonnabend, 15. 5. 1915
... Schwer wurde mir
das Fortgehen von den Menschen, mit denen ich bald ein Jahr Leid und Freud
geteilt ... In Tolksdorf erwartete mich ein gutes Fuhrwerk ... und in Junkerken
wurde ich mit alter Herzlichkeit begrüßt. Ein reizend gemütliches Zimmer nahm
mich auf ...
Sonntag, 16. 5. 1915
... Bleiben soll ich
hier, solange ich will und kann. ...
Montag, 17. 5. 1915
... Ich wurde gewogen,
117 Pfund, man hofft, mich durch Milch wieder hoch zu bringen. ...
Am Nachmittag machte ich mit Möllers einen schönen Spaziergang nach den
Karpfenteichen.
Dienstag, 18. 5. 1915
... Herr Möller wurde
heute in Rastenburg gemustert und zur Infanterie angesetzt. Er gehört zum
ungedienten Landsturm und ist 44 Jahre alt.
Donnerstag, 20. 5.
1915
... Von Anna ein
kurzer Brief; es geht allen gut. Willy ist Gefreiter geworden und kommt wohl
bald an die Front! ...
Pfingstsonntag, 23. 5. 1915
Wann wird der Tag kommen,
wo ich mit den Meinen in Pammern ein ruhiges Pfingstfest feiern werde? ...
Freitag, 28. 5. 1915
Rückfahrt nach Lötzen ...
Mit Herrn Möller fuhr ich mit Fuhrwerk nach Rastenburg ...
So sehr überrascht war Frau Homm nicht, daß ich gekommen war ... Gemütlich
saßen wir bei Homms mit Rievers und ... noch lange zusammen. ...
Sonntag, 30. 5. 1915
... Homms fuhren nach
Milken – Przykopp – Marczinawolla – die russischen Stellungen besehen. Von
letzteren Ortschaften ist kaum etwas zu sehen, Przykopp ganz vom Erdboden
verschwunden ... Ich trank bei Rievers Kaffee ...
Montag, 31. 5. 1915
... Der Abschied von
Homms fiel uns schwer ... Beim Einsteigen begrüßte ich noch Frau Müller ... In
Tolksdorf war ein Fuhrwerk und gut kamen wir heim ...
Freitag, 4. 6. 1915
Meines lieben Vaters
Geburtstag, 80 Jahre würde er werden ...
Wilhelm ist
anscheinend weiter in Braunsberg geblieben ...
Sonntag, 6. 6. 1915
Nach dem Kaffee fuhren
wir nach Heiligelinde, dem katholischen Wallfahrtsort mit der herrlichen Kirche ...
Montag, 7. 6. 1915
... ein Brief von
Martha, der mir leider sehr traurige Nachrichten brachte ... Onkel Kolbe hat einen
erneuten Schlaganfall gehabt und kann nicht sprechen.
Donnerstag, 10. 6. 1915
Ich helfe Frau Möller
Wäsche ausbessern und habe das kleine Albertchen viel bei mir ... Abends machte
ich mit Frau Möller einen schönen Spaziergang Rössel zu ...
Sonnabend, 12. 6. 1915
... ein Telegramm von
Martha, daß Onkel sanft entschlafen ist. Ich fahre morgen zum Begräbnis und
gedenke einige Wochen bei ihr zu bleiben. ...
Montag, 14. 6. 1915
Um ½ 8 Uhr früh begab
ich mich auf den Weg nach Tolksdorf ... Man sah, daß die Gegend hinter Korschen
schon etwas Regen bekommen hatte, und in Insterburg war noch mehr davon zu
spüren, auch stehen die Felder hier besser als in Masuren. Schweren Herzens kam
ich in das Trauerhaus, wo mir sonst Onkel und Tante liebevoll entgegen kamen.
...
Mittwoch, 16. 6. 1915
Heute sind es 26 Jahre
her, da weilte ich mit meinem lieben Vater hier ...
Freitag, 18. 6. 1915
... aus der zurückgekommenen
Karte erfuhr ich, daß Wilhelm von Braunsberg fort ist und hoffentlich frei kam.
Dienstag, 29. 6. 1915
... eine Karte von
Anna, daß Willy frei gekommen ist. ... bald muß ich auch Martha verlassen und Gott weiß,
wann und ob ich wieder mal so in Ruhe hier sitzen werde.
Donnerstag, 1. 7. 1915
... Anna schrieb,
Wilhelm fuhr am 30. ab, sie wäre gern mitgefahren, doch ging es wegen Else
nicht, die immer noch krank ist ...
Sonntag, 4. 7. 1915
... von Anna eine
Karte: Willy unterrichtet in Talken ... und wird nun auch im Dorf wohnen.
Später soll in Ranten eingerichtet werden ...
Dienstag, 6. 7. 1915
Vor 7 Jahren schloß
meine Mutter ihre Augen in Pammern für immer ...
Freitag, 9. 7. 1915
1893 brannten heute
die beiden großen Insthäuser in Rostken ab; eine schwere Zeit begann damals für
mich, das Kochen für die 80 Menschen 5 Wochen hindurch ...
die Tage gehen schnell dahin, am 26. will ich fort ...
Dienstag, 20. 7. 1915
Von Anna Nachricht,
den Kindern geht es besser, seit Sonntag ist Willy dort und Anna will ihn nach
Talken in drei Wochen begleiten ...
Ich schrieb an Frau Krebs wegen eines möblierten Zimmers und hoffe, daß sie
mich und die Kinder aufnimmt, wenn wir Erlaubnis bekommen, in Lötzen wohnen zu
dürfen. ...
Montag, 26. 7. 1915
Bei strömendem Regen
machte ich am Vormittag einige Abschiedsbesuche. ... Als mich Martha zur Bahn
begleitete, wurde es schön, und als ich in Tolksdorf ausstieg, schien die
Sonne. ... Frau Möllerchen war mir ein Stück entgegen gekommen.
Donnerstag, 5. 8. 1915
... endlich ein Brief
von Homms und dazu die Nachricht, daß wir nach Lötzen ziehen dürfen. Wie
glücklich wird Anna sein! Nun kommt die Sorge mit der Wohnung. ...
Freitag, 6. 8. 1915
... zur Bahn nach
Lötzen ... Auf dem Bahnsteig begrüßte mich die ganze Familie Homm
...
Sonnabend, 7. 8. 1915
... ich begab mich am Nachmittag
auf Wohnungssuche, ohne etwas zu finden ...
Sonntag, 8. 8. 1915
... Bei Rievers waren
wir im Garten ...
Mittwoch, 11. 8. 1915
Schon früh begab ich
mich auf Wohnungssuche und fand auch glücklich ein Zimmer, allerdings drei
Treppen hoch, aber mit Gas-Zentralheizung und Badeeinrichtung.
Sonnabend, 14. 8. 1915
Von Frau Rievers bekam
ich eine alte Chaiselongue geschenkt und für Anna ein feines Winterkleid für
den Alltag. ... Wenn man immer für vier Kinder sorgen muß, bleibt wenig für sie selbst übrig. ...
Abends erschien Willy, er hatte geglaubt, Anna kam schon gestern ...
Sonntag, 15. 8. 1915
... Am Nachmittag ging
ich mit Frl. Rievers bis Sulimmen ...
Montag, 16. 8. 1915
Um 7 Uhr zog ich in mein
Heim ein ...
Für Willy holte ich 1400 M Vorentschädigung ...
Bei Reuter kaufte ich den Anfang für meine Wirtschaft ...
Freitag, 20. 8. 1915
... Anna und die Kinder
trafen wohlbehalten ein, welch eine Freude des Wiedersehens nach mehr als
einjähriger Trennung! ...
Sonnabend, 21. 8. 1915
... Der Tag verging
mit Einräumen, anmelden und allen möglichen Gängen ...
Sonntag, 22. 8. 1915
Nach dem Mittagessen
fuhren Willy, Anna, Else und Karl nach Widminnen, um Einkäufe zu machen.
Montag, 23. 8. 1915
... Anna meldete die
Mädels zur Schule an ...
Sonnabend, 28. 8. 1915
Zur Feier der ersten
Wiederkehr des Tages von Tannenberg hatte die Stadt reich geflaggt. Abends
brachte sie Hindenburg einen Fackelzug ...
Sonntag, 29. 8. 1915
... Vormittag packte
ich mit Anna die von Neustettin angekommenen Sachen aus und ein
...
Dienstag 31. 8. 1915
... Nachmittag
brachten wir Anna zur Bahn – die Kinder sind ganz munter, sie haben ihre
Arbeit, darüber wird die Mutter bald vergessen ...
Sonnabend, 5. 9. 1915
... Von Anna ein
kurzer Brief, sie hat Pammern in sehr traurigem Zustand gefunden ...
Donnerstag, 9. 9. 1915
... Den Kindern geht
es in der Schule sehr gut ...
Sonnabend, 11. 9. 1915
... Anna und Wilhelm
kamen überraschend ...
Montag, 13. 9. 1915
Von Herrn Rievers erhielt
ich eine Karte aus Libau, in der er mich als Mitbürgerin von Lötzen begrüßt.
... Frau Möllerchen schrieb mir, daß ich in den Herbstferien ihr Gast sein
soll, ich fahre ...
Mittwoch, 15. 9. 1915
Der erste Geburtstag
im eigenen Heim ...
Donnerstag, 23. 9.
1915
Frau Möller meldete
ich meine Ankunft am 28. ...
Sonnabend, 25. 9. 1915
Das war heute ein
Jubel in unserer Stadt: der Kaiser hat befohlen, daß aus Anlaß der großen
Zeichnung – es sind gegen 12 Milliarden geworden – alle Schulen frei bekommen
sollen. Unsere Kinder erschienen mit großem Freudengeschrei ...
Sonntag, 26. 9. 1915
Es war auch ein
Sonntag, der 26. 9. 1886, an dem ich eingesegnet wurde. ...
Dienstag, 28. 9. 1915
... Dann rüstete ich
zur Abfahrt. Von Willy und Lotte zur Bahn begleitet, begab ich mich auf meine
erste Ferienreise ...
Donnerstag, 30. 9.
1915
... Ich verlebe hier
(in Junkerken) schöne Ferientage
Dienstag, 5. 10.1915
Von Anna ein Brief,
sie sind heute in Königsberg und kaufen das Klavier ...
Mittwoch, 6. 10. 1915
Heute ist ein
Gedenktag, der Eltern Hochzeitstag vor 44 Jahren ...
Mittwoch, 13. 10 1915
Der letzte Tag im
schönen Junkerken ...
Donnerstag, 21. 10.
1915
... Aus Anlaß der vor
500 Jahren an die Hohenzollern verliehene Mark Brandenburg wohnte ich auch der
Feier im Gymnasium mit Karl bei. ...
Sonnabend, 30. 10.
1915
... Gegen Abend traf
ich bei Homms Herrn Kemke, die arme Frau ist noch in Lipiensken.
Mittwoch, 3. 11. 1915
... Abends mit Frl.
Rievers bei Homms.
Freitag, 5. 11. 1915
... Anna kam am Vormittag
an und brachte viel Butter, Brot und Entenfleisch, sie bleibt bis Sonntag. ...
Dienstag, 9. 11. 1915
... Nach dem Kaffee
ging ich zu Rievers, Frl. Tilly Lebewohl sagen, da sie schon heute Abend nach
Blankenburg fährt. ...
Montag, 22. 11. 1915
... Vormittag ungewöhnlicher
Besuch - Strengs - ich dacht ich werde blind. Sie erkundigten sich, was Mädchen
und Knechte zu Weihnachten bekamen ...
Sonnabend, 27. 11.
1915
... Mit Karl und Else
am Nachmittag zum Zahnarzt. ... Wie froh bin ich, daß endlich die Kinderzähne
in Ordnung kommen!
Sonntag, 28. 11. 1915
Die Kinder schickte
ich in die Kirche, die Kleinen zu Rievers ...
Sonnabend, 11. 12.
1915
... Lores Geburtstag
...
Sonnabend, 18. 12.
1915
Auf dem Markt kaufte
ich mir den ersten Weihnachtsbaum in meinem Heim ...
Um 11 Uhr begrüßte ich Herrn Homm, der von Kowno auf Urlaub kam ...
Heiligabend, Freitag,
24. 12. 1915
... nach dem Kaffee
wurden die Geschenke von mir aufgebaut, während die Kinder bei Bouvains
blieben. Dann zündete ich mit Wilhelm das kleine Bäumchen an ... Die Kinder
freuten sich über ihre Geschenke ...
Sonntag, 26. 12. 1915
... Idel (Homm) will
ihren Mann gern zu den Jagden der Masurischen Woche begleiten, und ich versorge
gern ihre Kinder. ...
Mittwoch, 29. 12. 1915
Bei Homms hatte ich
mit den Kindern viel Freude ...
Freitag, 31. 12. 1915
... Nach dem Abendbrot
wurde der Baum noch angesteckt, und wir dachten daran, was 1915 uns nahm und
gab. Möchte sich nun bald mein größter Wunsch erfüllen, daß ich eine Wohnung
finde ...
Neujahr. 1. 1. 1916
Bei Rievers schlief
ich ins neue Jahr hinein ...
Abends saß ich mit
Müllers bei Homms bis 12 Uhr.
Sonntag, 2. 1. 1916
Morgens verließ ich
das gastliche Rievers-Haus und ging früh heim, wo es noch zu packen gab, da Anna
und Willy mit dem 11 Uhr Zug abfuhren. ...
Sonntag, 9. 1. 1916
Lottes 14. Geburtstag
...
Sonntag, 16. 1. 1916
Vor 4 Jahren meldet
Rievers: Bei Homms ist ein Stammhalter eingetroffen (Ernst *16.1.1912) ... Mit
Karl und Lore ging ich gratulieren ... Abends ging ich
noch zu Rievers; er ist von Königsberg noch nicht zurück. ...
Montag, 17. 1. 1916
Karl kam aus der
Schule krank zurück und mußte gleich ins Bett ...
Mittwoch, 19. 1. 1916
... Heute, an ihrem
Geburtstag, blieb Else mit Fieber im Bett. ...
Sonnabend, 22. 1. 1916
Karl ist auf, Else noch
37,7 ...
Dienstag, 25. 1. 1916
Heute hat es Lore
ereilt, ... mit Fieber blieb sie im Bett.
Mittwoch, 26. 1. 1916
... Lore liegt noch,
es geht ihr aber besser ...
Donnerstag, 27. 1.
1916
... Abends ging ich
mit Lotte die Parade sehen ...
Sonnabend, 5. 2. 1916
... Mit den Kindern
war ich auf dem Eis ... Es war viel Trubel dort. Segelschlitten und Segler auf
Schlittschuhen sausten nur so über die glatte Fläche hinweg. ...
Dienstag, 8. 2. 1916
Vor fünf Jahren
feierten wir in Berghof die Hommsche Hochzeit. ...
Von Frau Möllerchen liebe Zeilen, daß ich Ostern willkommen bin.
Dienstag, 15. 2. 1916
Annas 38. Geburtstag
...
Sonnabend, 19. 2. 1916
Nachmittags besah ich
mir die Wohnung bei Klein, sie ist zwar klein, gefällt mir aber ...
Sonntag, 20. 2. 1916
... Bei Kleins war ich
dann und mietete die Wohnung, zunächst bis Oktober ...
Montag, 28. 2. 1916
... Abends ging ich
noch Kurt gratulieren. Wir dachten mit Frau Rievers an die Zeit vor 13 Jahren
in Upalten ...
Dienstag, 29. 2. 1916
... Homms und Rievers
schlachten, ich half Idel Fleisch schneiden ...
Mittwoch, 1. 3. 1916
... Frau Rievers half
ich Rauchwurst machen und Fleisch schneiden ...
Donnerstag, 2. 3. 1916
... Nachmittag ging
ich gleich zu Rievers, half dort die Kochwurst stopfen und begab mich dann zu
Homms, die Rauchwurst bereiten helfen. ...
Sonntag, 5. 3. 1916
... An Tante und Onkel
Schneider schrieb ich nach Angerburg. ...
Mittwoch, 8. 3. 1916
... Vor 4 Jahren, als
ich mit Anna in Königsberg war und Wilhelm seinen Doktor machte ...
Donnerstag, 9. 3. 1916
... dann Zeichnung von
1000 M 4. Kriegsanleihe ...
Sonntag, 12. 3. 1916
... hier war Krüger,
vergnügt wie immer. Der alte Junggeselle scheint von der Idee, daß ich ihn
heiraten möchte, geheilt zu sein ...
Mittwoch, 15. 3. 1916
Heute auf dem Markt
nichts, nicht einmal Eier! ...
Sonntag, 19. 3. 1916
... Bei Kleins hörte
ich, daß die Wohnung sauber ist – am 28. ziehe ich dann. ...
Dienstag, 21. 3. 1916
Vor 11 Jahren schloß
Ernst v. Streng seine lieben Augen für ewig ...
Bei Homms traf ich 5
Kemkes (Widminnen) sehr vergnügt zusammen ...
Mittwoch, 22. 3. 1916
... Die Fleischnot
greift immer mehr um sich, bald ist nichts mehr zu haben ...
Dientag, 28. 3. 1916
... Nachmittag um 2
Uhr begann mein Umzug nach N. 6 mit 5 Soldaten und zwei Augusten. Um ½ 6 Uhr
war alles fertig, und ich empfing bereits Frau Rievers und Frau Homm.
Mittwoch, 29. 3. 1916
Frau Homm war einen
Moment hier, sie schlachten heute ein Schwein, in Berghof gekauft. ...
Sonnabend, 8. 4. 1916
... Vor 7 Jahren
wirkte ich bei Kemkes (Widminnen), da wurde Ernst geboren ...
Montag, 10. 4. 1916
... Frau Rievers fuhr
mit Kurtchen zur Blinddarmoperation nach Rastenburg ...
Dienstag, 12. 4. 1916
... Schulzeugnisse der
Kinder Karl, Lore, Else, Lotte ...
Die Kinder fuhren mit der Bahn ab und werden zu Hause (Talken) doch manches
Gewohnte aus Lötzen vermissen. ...
Donnerstag, 13. 4.
1916
Frau Möller hatte mir
geschrieben, daß ich heute Vormittag schon fahren soll, und nur bis Neumühl.
... In Junkerken die herzlichste Begrüßung allerseits. ...
Dienstag, 25. 4. 1916
... Der Abschied war
kurz, Frau H. brachte mich zur Bahn ... In Lötzen alle Homms an der Bahn ...
Mittwoch, 26. 4. 1916
... Anna und die
Kinder kamen wohl und munter an ...
Sonnabend, 13. 5. 1916
Vor nun 23 Jahren
feierten wir in Rostken ein großes Fest von 90 Personen - ...
Mittwoch, 17. 5. 1916
Den Wochenmarkt sah
ich mir mal wieder an, er bringt nichts. Eier sind gänzlich verschwunden und
Butter noch gar nicht gekommen. ... Milch haben wir reichlich.
Freitag, 19. 5. 1916
... überall standen
Menschen vor den Läden stundenlang und warteten, bis sie an die Reihe kamen ...
Donnerstag, 25. 5.
1916
... von Kemkes ist die
Nachricht gekommen, daß Willy Beerbohm gestern gefallen ist
...
Himmelfahrt, 1. 6.
1916
... am Vormittag
schickte ich die Kinder in die Kirche ... Nachmittag gingen wir alle zu
Rievers, wo es auf der Veranda schön zum Sitzen war. ...
Montag, 5. 6. 1916
Anna schrieb kurz, sie
erwarten uns am 8. abends ...
Donnerstag, 8. 6. 1916
... Nachmittag zur
Bahn ... die Heimfahrt war schön ...
durch Rostken ging es, die alte, liebe Heimat grüßte ich; alles was man ansah,
ist einem noch so vertraut. – In Talken auch manches verändertes Bild, von den
Russen aber nichts zerstört. 11 Jahre bin ich nicht hier gewesen ... Die Meinen
wohnen in einem freundlichen Bauernhaus, einfach, aber zufrieden. Wir wohnen in
der Oberstube des Hauses ... Wir wohnen einfach herrlich. Unsere Kuh versorgt
uns mit reichlich Milch, wir haben Butter und Käse, brauchen nicht zu hungern.
...
Sonnabend, 10. 6. 1916
... um ½ 6 Uhr früh
fuhr ich nach Widminnen zu Kemkes ...
Montag, 12. 6. 1916
... Die Meinen holten
mich ab, und wir gingen nach Pammern, das gut zugerichtet ist, aber sehr gute
Felder hat. Auch bei uns steht alles fein. – Unser altes Haus jetzt ein
Trümmerhaufen ...
Mittwoch, 14. 6. 1916
... wir besahen uns
das neue Talker Schulhaus, ein nettes Gebäude ...
Donnerstag, 15. 6.
1916
... Rückfahrt nach
Lötzen ...
Sonnabend, 17. 6. 1916
... um 3 Uhr kamen
Anna und Wilhelm an - die Freude bei den Kindern ist groß ...
Sonntag, 18. 6. 1916
... um 6 Uhr abends
fuhren die Geschwister ab ...
Mittwoch, 28. 6. 1916
... Glücklich fuhren
die 4 (Kinder) ab (von Lötzen) und dort (Talken) freuen sich die Eltern! ...
Sonnabend, 8. 7. 1916
Mit dem Frühzug fuhr
ich nach Lyck. Bevor ich Strehls
aufsuchte, ging ich zum Markt und besah mir die ausgebrannte Kirche und die
Ruinen der anderen Häuser – ein trauriges Bild! ... Herrn v. Lojewski und
Amtsgerichtsrat Simon begrüßt ...
Dienstag, 11. 7. 1916
Früh begab ich mich
auf den Weg nach Angerburg ... und fand die beiden Altchen recht frisch vor.
Onkel ist 85 Jahre und Tante 76 Jahre ... Im schönen Altersheim sind sie mehr
als gut aufgehoben.
Dienstag, 18. 7. 1916
Fahrt mit der Bahn
nach Talken ...
Montag, 24. 7. 1916
... Nach dem Kaffee
gingen wir mit den Kindern baden und dann ich mit Willy, Else und Karl durch
den nahen Wald.
Mittwoch, 26. 7. 1916
... Fahrt nach Widminnen
zu Kemkes ...
Donnerstag, 27. 7.
1916
... Fahrt mit Herrn
Kemke nach Lipiensken, wo wir Dr. v. Lojewski trafen, der dort ein krankes
Pferd behandelte. -
Freitag, 28. 7. 1916
Frau Heumann holte uns
am Nachmittag nach Klein Gablick ab ...
Sonntag, 30. 7. 1916
Rückfahrt nach Talken
...
Dienstag, 1. 8. 1916
Rückfahrt mit den
Kindern nach Lötzen.
Mittwoch, 16. 8. 1916
Heute ist es ein Jahr,
daß ich mein eigenes Heim habe ...
Sonntag, 20. 8. 1916
... Ein Jahr habe ich
nun die Kinder, die damals eintrafen aus Neustettin - ...
Montag, 11. 9. 1916
Herr Rievers muß morgen fort, vorläufig nach Allenstein ...
Mittwoch, 13. 9. 1916
... Nachmittag war
Nähstunde, ich plauderte wieder viel mit Frau Superintendent (Trinker) ...
Abends mit Idel und
Fr. Doktor bei Rievers.
Freitag, 15. 9. 1916
Mein 44. Geburtstag
... Gratulanten: Frau Rievers, Homms,
... viel Post mit Glückwünschen ...
Sonntag, 17. 9. 1916
... Wilhelm kam zur
Jungmannenbesichtigung mit seiner Wehr. ...
Donnerstag, 21. 9.
1916
... In nächster Woche
kommt auch hier die Milchkarte. Ich bekomme 1 ¼ l für uns fünf. ...
Montag, 16. 10. 1916
Schöne Tage haben wir
endlich, nun wo die Ferien zu Ende sind. Die Kinder kamen ...
Mittwoch, 1. 11 1916
... Um 7 Uhr mußte
Willy sich stellen, ist weiter G. V. geblieben und bleibt im Schuldienst ...
Freitag, 3. 11. 1916
... Anna schrieb, daß
Vater gut heim kam ...
Sonnabend, 25. 11.
1916
... Abends hörte ich
in einer großen Versammlung, wo Landrat, Superintendent und Dr. Franz sprachen,
wie ernst die Lage wirtschaftlich sei, daß die Kartoffelnot im Westen groß wäre
und wie wir sparen und uns einrichten sollen, damit wir durchhalten!
Montag, 4. 12. 1916
Die Glocken läuteten,
die Stadt prangt im Fahnenschmuck, wir haben eine Schlacht nahe an Bukarest
gewonnen. ...
Skatabend bei Müllers
...
Montag, 11. 12. 1916
... Abends spielte ich
bei Müllers Skat ...
Dienstag, 12. 12. 1916
... die neueste
Nachricht: der Kaiser hat den feindlichen Mächten eine Note überreichen lassen,
in der er kund tut, daß er in Friedensverhandlungen mit ihnen eintreten will.
...
Mittwoch, 20. 12. 1916
... pünktlich fuhr der
Zug ab und nach endloser Fahrt für die kurze Strecke kamen wir erfroren in
Konopken an, wo ich noch nie gewesen bin. Im Schlitten fein verpackt fuhren wir
heim (Talken), ...
Gestern ist Anna umgezogen ins neue Schulhaus in die zweite Lehrerwohnung,
endlich menschenwürdig. Wir haben zwei freundliche Zimmer, Küche und viel
Nebengelaß. Für die Kinder ist es herrlich ...
Heiligabend, 24. 12.
1916
... Um ½ 5 begann die Weihnachtsfeier
in der Schule. Wilhelm hat eine hübsche Rede gehalten, und die Gesänge und
Gedichte waren auch gelungen. ...
Um ½ 7 war alles aus,
und wir steckten unser Bäumchen an
Mittwoch, 27. 12. 1916
Um 9 Uhr per Schlitten
nach Widminnen, ich wurde bei Kemkes herzlich willkommen geheißen. Ich bleibe
bis Sonnabend hier und fahre dann am 30. zu Heumanns. Mit Herrn Kemke und Herrn
Jessat spielte ich einen sehr langen Skat und hatte ziemliches Glück.
Sonnabend, 30. 12.
1916
Vormittag wurde ich
nach Kl. Gablick abgeholt, wo ich von allen herzlich empfangen wurde ...
Silvester, 31. 12. 1916
Mit lieben Menschen
ging das alte Jahr zu Ende ...
Dienstag, 2. 1. 1917
... Vormittag mit dem
Schlitten von Kl. Gablick nach Talken. ...
Mittwoch, 3. 1. 1917
... Um 2 Uhr mit den
Kindern per Schlitten nach Widminnen, dann mit der Bahn nach Lötzen ...
Montag, 15. 1. 1917
... Abends bei Müllers,
ich viel Glück im Skat ...
Sonnabend, 20. 1. 1917
... Nachmittag Lore und
Lotte mit der Bahn von Lötzen nach Talken ...
Sonnabend, 10. 2. 1917
... Else und Karl
fahren nach Hause ...
Dienstag, 20. 2. 1917
... Zur Feier von
Herrn Rievers Geburtstag ging ich mit Frau Homm abends hin, wir fanden dort
Frau Kemke und Müllers und verlebten einige gemütliche Stunden ...
Mittwoch, 21. 2. 1917
Der Frost hält an, und
überall ist große Kohlennot. ...
Mittwoch, 28. 2. 1917
Vor 14 Jahren war ich
bei Rievers in Upalten, der kleine Kurt erschien da, die Freude war groß. –
Gern denke ich an jene Tage zurück, wo die guten Menschen meine Freunde wurden.
Leider hat der Krieg alle Aufzeichnungen aus jener Zeit vernichtet, und es
blieb nur die Erinnerung ...
Freitag, 2. 3. 1917
Tante und Onkel
Schneider gratulierte ich ... Onkel wird am 6. März 86 Jahre und Tante am 3.
März 73 Jahre alt. ...
Dienstag, 6. 3. 1917
Heute wird Onkel Fritz
86 Jahre alt! ...
Mittwoch, 14. 3. 1917
Heute ein guter Tag
für Karl, er brachte seine Versetzung nach Sexta nach 4-stündiger Prüfung. –
Für ihn ist nun die erste Stufe erreicht ...
Sonnabend, 17. 3. 1917
... Von Rußland kommen
Hiobsbotschaften – der Zar abgedankt, überall in den großen Städten Revolution
und Aufstand. ...
Dienstag, 20. 3. 1917
... Die Kinder haben
Schulferien und fuhren mit der Bahn nach Talken ...
Mittwoch, 21. 3. 1917
Zeitungen berichten
über den Fortgang der Revolution in Russland: der Zar ist mit Familie gefangen
... Um 3 Uhr ging ich zur Bahn, und glücklich traf ich in Tolksdorf ein. ... Im lieben Junkerken noch
alles beim Alten ...
Dienstag, 3. 4. 1917
... Als Herr Möller
von Rössel heimkam, brachte er eine Nachricht, die mit Vorsicht aufzunehmen
ist: Es verbreitet sich das Gerücht, daß 130 000 Russen zu uns übergetreten
sind! ...
Dienstag, 10. 4. 1917
... Rückfahrt von
Junkerken über Tolksdorf nach Lötzen ...
Mittwoch, 11. 4. 1917
Die Kinder kamen aus
Talken gut an ...
Montag, 23. 4. 1917
Um 8 Uhr erschienen zwei
Leute und legten die elektrischen Leitungen, der erste Schritt zu „mehr Licht“
ist getan ... Abends noch zum Skat zu Müllers ...
Dienstag, 24. 4. 1917
... im Westen tobt die
Schlacht mit zähester Erbitterung.
Donnerstag, 26. 4.
1917
Wir denken heute viel
an den Vater (Wilhelm), der 44 Jahre alt wird.
Sonnabend, 28. 4. 1917
... Willy ist an
seinem Geburtstag von den Kindern besungen und bekränzt worden.
Sonnabend, 19. 5. 1917
... Anna schrieb, sie
hat ein 8-jähriges Mädelchen aus Berlin, sehr ärmlich. ...
Die elektrische
Leitung ist fertig, leuchtet aber noch nicht.
Mittwoch, 23. 5. 1917
... Das Milchholen ist
jetzt die wahre Tortour – man wird von den Menschenleibern buchstäblich
zerdrückt. Wie froh ist man, wenn man für uns 5 Personen einen Liter Magermilch
erwischt. - ...
Donnerstag, 24. 5.
1917
... Fahrt nach Talken
über Konopken ...
Pfingstsonntag, 27. 5.
1917
Heiß und sonnig heute,
ein herrliches Pfingstwetter. Wir gingen am Nachmittag über Rostken nach
Pammern und grüßten die Ruinen, die Erinnerungen an bessere Zeiten wachriefen.
...
Montag, 28. 5. 1917
... Rückfahrt nach
Lötzen über Widminnen. ...
Montag, 4. 6. 1917
Mein guter Vater wäre
heute 82 Jahre ...
Montag, 11. 6. 1917
Wilhelm brachte uns
Kartoffeln, nun bin ich froh, habe genug bis zu den Ferien. Er hatte seiner
Vorentschädigung wegen zu tun. ...
Freitag, 15. 6. 1917
... Frau Rievers
erzählte, daß Herr Müller in Pillau Direktor geworden ist und daß sie im Juli
fortziehen ...
Sonnabend, 23. 6. 1917
... wir feierten
Müllerchens Abschied mit Rievers, ...
Donnerstag, 5. 7. 1917
... Auch Willy war da
und fuhr nach Bogatzewen – Szyballen. Anna schreibt mir darüber, daß sie sich
um eine dieser Stellen bewerben wollen ...
Dienstag, 10. 7 1917
... Traurige
Nachrichten kommen aus Berlin – Ministerkrise in Sicht – vielleicht geht der
Kanzler ...
Mittwoch, 11. 7. 1917
... Der Reichstag will
in der Mehrheit die neue Anleihe nicht bewilligen, will den sofortigen Frieden
ohne Annexion und Entschädigung auf beiden Seiten anbieten ...
Montag, 16. 7. 1917
... Bethmann ging,
sein Nachfolger Michaelis soll nun die Karre aus dem Dreck ziehen
...
Freitag, 20. 7. 1917
Beginn der
Sommerferien, Fahrt mit den vier Kindern nach Talken über Widminnen
Sonntag, 22. 7. 1917
Am Nachmittag gingen
wir nach Pammern, unser Feld an der Schule bot ein trauriges Bild – das ganze
Getreide von den Hühnern vernichtet. Wenn ich ... dagegen war, daß die
Geschwister fort wollten, nun sage ich: so schnell wie möglich. ...
Freitag, 3. 8. 1917
Im Westen und Osten
tobt der Kampf fort. Die Todesanzeigen füllen die Spalten der Zeitungen, es ist
gar zu schrecklich. Und das Traurigste dabei, daß in diesem aufgeklärten
Jahrhundert die Menschen, hochbegabt, niedergeschossen werden wie die Hasen.
Dagegen empört sich jedes menschliche Gefühl ...
Sonnabend, 4. 8. 1917
... die erschreckende
Nachricht, daß Herr Kemke (Widminnen) am Herzschlag gestorben ist.
Dienstag, 7. 8. 1917
... Beisetzung von Herrn
Kemke in Widminnen ...
Montag, 13. 8. 1917
Anna ist in Allenstein
beim Rat gewesen, Bogatzewen ist besetzt, leider ...
Dienstag, 14. 8. 1917
Willy und Anna waren
in Mrossen, Kreis Lyck. Die Stelle scheint annehmbar, an Wald und See gelegen,
ob sie sie aber bekommen? ...
Fahrt von Talken nach
Lötzen über Widminnen ...
Donnerstag, 16. 8. 1917
Fahrt von Lötzen nach
Königsberg, Besuch bei Borkos, Herrn Prange u. a.
Sonnabend, 18. 8. 1917
... zurück in Talken
...
Mittwoch, 22. 8. 1917
Fahrt von Talken nach
Lötzen über Widminnen ...
Donnerstag, 23. 8.
1917
Heute vor 3 Jahren
flohen wir nach Sachsen ...
Die Kinder kamen aus
Talken an ...
Sonnabend, 25. 8. 1917
Wieder ein Jahr älter,
45! ... Viele Geburtstagsgäste ...
Montag, 27. 8. 1917
... Nachmittag war ich
Frau Rievers helfen, ich kochte Marmelade. Herrn Rievers geht es kaum besser,
er sieht sehr elend aus.
Dienstag, 4. 9. 1917
Heute Vormittag eine
unverhoffte Freude. Atemlos kam Else aus der Schule: Riga ist gefallen, wir
haben frei! ...
Mittwoch, 5. 9. 1917
... Die Herbstferien
fallen aus. ... Dafür soll es dann 4 Wochen Weihnachtsferien geben. Abends mit
Frau Homm bei Rievers, er noch sehr matt und schwach.
Ende des 1. Bandes (1913
– 1917)