Anhang 2

 

Die Lehrerfamilie Woyczechowski

(aus dem Tagebuch herausgelesen)

Ehemann: Wilhelm (Willy, *26. 4. 1873 wo?), Volksschullehrer,

               erste Lehrerprüfung 1893 in Löbau, Westpreußen,

               zweite Lehrerprüfung 1898 in Ortelsburg,

               1913 Lehrer in Pammern, Kreis Lötzen,

               im Januar 1915 zum Kriegsdienst eingezogen,

               ab Juli 1915 Lehrer in Talken, Kreis Lötzen,

               ab 1. 4. 1918 Lehrer in Mrossen, Kreis Lyck,

               ab 1. 4. 1933 in Mrossen pensioniert,

               am 1. 9. 1937 Umzug nach Lyck,

               ab Juli 1944 Flucht aus Ostpreußen, über Saßnitz nach Wietze bei Celle.

 

Ehefrau: Anna (geb. Schneider, * 15. 2. 1878 Rostken),

Schwester von Henriette Schneider.

 

Heirat: 14. 10. 1898 (Pammern, Kirche Neuhoff)

 

Kinder:

Charlotte (Lotte, *9.1.1903 Pammern), Lehrerin,

Else (*19.1.1905 Pammern), Lehrerin,

Karl (*6.8.1907 Pammern), Lehrer,

Lore (*11.12.1908 Pammern), Lehrerin.

Der berufliche Werdegang der vier Kinder ist weiter unten ausführlich dargestellt.

 

Kurze Familienchronik

1913 wohnte die Familie Woyczechowski in Annas Elternhaus in Pammern, wo Wilhelm Dorfschullehrer war. Nach Kriegsbeginn Anfang August 1914 flüchtete Anna mit ihren vier Kindern vor den Russen nach Neustettin in Pommern. Wilhelm blieb zunächst in Pammern. Im November 1914 fuhr er zur Familie nach Neustettin.

Im Januar 1915 wurde Wilhelm zum Kriegsdienst (Landsturm) eingezogen. Nach seiner Entlassung im Ende Juni 1915 wurde er Lehrer in Talken (ca. 3 km entfernt von Pammern). Im August 1915 kehrte Anna mit den Kindern aus Neustettin zurück. Die Kinder gingen zu ihrer Tante „Jette“ nach Lötzen, um dort höhere Schulen zu besuchen. Lotte, Else und Lore besuchten eine Mädchenschule (Lyzeum), Karl das Gymnasium. Im Dezember 1916 zogen Willy und Anna von Pammern in das neue Schulhaus in Talken.

Im April 1918 zog die Familie nach Mrossen bei Lyck, nachdem Wilhelm dort die Lehrerstelle bekommen hatte. Sie wohnten im Schulhaus und betätigten sich auch landwirtschaftlich für den Eigenbedarf (Kartoffeln, Getreide, eine Kuh, Schweine).
Die Kinder konnten nun die höheren Schulen im nahen Lyck besuchen (ca. 5 km entfernt von Mrossen, Eisenbahnverbindung). Henriette Schneider half ihrer Schwester Anna in der Hauswirtschaft (kochen, backen, nähen, flicken, Wäsche waschen, ...).

Lotte ging im Mai 1923 zum Lehrerinstudium nach Königberg, Else und Karl folgten ihr 1926 und Lore 1928. In den Ferien kamen die Kinder regelmäßig nach Hause zu den Eltern in Mrossen.

Nach Wilhelms Pensionierung am 1. 4. 1933 verließ die Familie Woyczechowski das Schulhaus und zog innerhalb von Mrossen um in ein Haus abseits vom Dorfkern neben der Wedig-Mühle.

Im September 1937 zogen Wilhelm und Anna mit Henriette Schneider von Mrossen nach Lyck. Dort erlebten sie den Beginn des 2. Weltkriegs im September 1939.

Am 31. 7. 1944 verließen Wilhelm, Anna und Henriette auf Anordnung Lyck, wegen der näher-rückenden Ostfront. Mit einem Bahntransport kamen sie zunächst nach Freiwalde (Kreis Mohrungen). Am 4. 11. 1944 ging es weiter mit der Bahn nach Saßnitz auf Rügen, begleitet von Else. Sie wurden zuerst in der Villa Seeblick, später im Wilmhaus einquartiert. Else fuhr am 13. 11. wieder zurück nach Bartenstein zu Lore, die in Sensburg noch unterrichtete. Am 31. 1. 1945 erschienen überraschend Else und Lore. Sie hatten am 22. 1. 1945 Bartenstein verlassen, fuhren mit dem Zug über Königsberg nach Pillau, kamen dort am 26. 1. auf ein Lazarettschiff, das sie am 30. 1. nach Swinemünde brachte, dann weiter mit dem Zug über Stralsund nach Saßnitz zu den Eltern.

Am 26. 3. 1945 fuhr die Familie Woyczechowski (Wilhelm, Anna, Else, Lore) mit Tante Jette mit der Bahn von Saßnitz über Rostock, Güstrow, Schwerin, Dannenberg, Uelzen nach Celle. Sie wurden in Wietze bei Celle untergebracht. Dort erlebten sie im Mai 1945 das Kriegsende (Zusammenbruch der deutschen Wehrmacht, Beginn der englischen Besatzung) und die allgemeine Not der Flüchtlinge.

Else und Lore fanden bald Arbeit als Lehrerinnen, von Lotte und Karl wartete die Familie lange vergeblich auf ein Lebenszeichen. Lotte hatte sich zuletzt im Februar 1945 aus Belgard (Pommern) und im März 1945 aus einem Krankenhaus in Gera (Thüringen) gemeldet und über ihre kranken Füße berichtet. Die letzte Nachricht von Karl kam im November 1944 aus Norwegen, wo er mit seiner Flakeinheit auf dem Rückzug von Finnland war.

Am 30. 11. 1945 erhielt die Familie die Nachricht, dass Lotte am 6. 4. 1945 bei einem Bombenangriff im Krankenhaus in Gera ums Leben gekommen ist.

Am 7. 12. 1945 erhielten die Eltern von Karl eine Nachricht. Er war in amerikanische Gefangenschaft geraten und befand sich in einem Lazarett in Idstein. Ende Februar 1946 traf  er bei den Eltern in Wietze ein.

 

 

Beruflicher Werdegang der Kinder

Charlotte (Lotte, * 9. 1. 1903 Pammern),

1915 Lyzeum in Lötzen,

ab 1918 Oberlyzeum in Lyck, Abschlusszeugnis 1922,

ab Mai 1923 Studium an der Albertina mit dem Ziel, Lehrerin zu werden.

Im März 1926 Turnlehrerinprüfung,

im Dezember 1927 erste Lehramtsprüfung (Französisch, Englisch, Religion),

ab April 1928 Lehrerin am Körte-Lyzeum in Königsberg,

ab April 1929 Lehrerin an der Goethe-Schule in Lyck,

ab Oktober 1930 Lehrerin in Marienburg,

ab Oktober 1931 Lehrerin in Angerburg,

ab April 1932 Lehrerin in Insterburg,

ab Mai 1935 Lehrerin in Angerburg,

ab Oktober 1937 Lehrerin am Realgymnasium in Sensburg,

ab Mai 1939 Studienrätin in Wormditt (Kreis Braunsberg, Ermland).

Am 9. 1. 1945 feiert Lotte mit Else und Lore ihren 42. Geburtstag in Wormditt.

Am 22. 1. 1945 wurde Lotte zuletzt in Wormditt gesehen (von Fr. Rievers).

Am 22. 2. 1945 schrieb Lotte eine Karte aus Belgard (Pommern),wo sie mit kranken Füßen im Krankenhaus lag.

Am 8. 3. 1945 sendet Lotte ein Telegramm aus dem Krankenhaus in Gera an die Eltern in Saßnitz.

Am 6. 4. 1945 kam Lotte bei einem Bombenangriff in Gera ums Leben. Dies erfuhren ihre Eltern am 30. 11. 1945.

 

Else (* 19. 1. 1905 Pammern),

1915 Lyzeum in Lötzen,
ab 1918 Oberlyzeum in Lyck,

im März 1926 Abitur,

ab Mai 1926 Lehrerinstudium in Königsberg,

im November 1931 Lehramtsprüfung (Deutsch, Englisch, Religion),

ab April 1932 erstes Vorbereitungsjahr an der Goetheschule in Lyck,

ab April 1933 zweites Vorbereitungsjahr am Hufen-Oberlyzeum in Königsberg,

im Februar 1934 Pädagogische Prüfung in Königsberg,

ab Mai 1934 Lehrerin am Oberlyzeum in Osterode,

ab August 1934 Hauslehrerin bei Frau v. Perbandt in Langendorf(?),

ab Oktober 1934 Lehrerin in Deutsch-Eylau (Kreis Rosenberg, Westpreußen),

ab Mai 1937 Lehrerin in Lötzen,

ab Oktober 1937 Lehrerin in Osterode,

ab Januar 1938 Lehrerin in Allenstein,

ab März 1938 Lehrerin in Pillkallen (Schloßberg).

            Im April 1940 wird Else Studienrätin

            Im September 1944 wird Schloßberg geräumt, Else unterrichtet in Widminnen,

            dann in Bartenstein.

            Am 22. 1. 1945 flüchtete Else mit Lore aus Bartenstein. Über Königsberg,

Pillau, Swinemunde und Stralsund erreichten sie mit Bahn und Schiff am
31. 1. 1945 die Eltern in Saßnitz.

Am 26. 3. 1945 zusammen mit Eltern, Tante und Lore mit dem Zug nach Celle.

Ab 1. 11. 1945 unterrichtet Else in Wietze bei Celle.

Ab 1. 6. 1946 hat Else eine Stelle in Boksdorf (bei Hannover).

 

Karl (* 6. 8. 1907 Pammern),

1917 Gymnasium in Lötzen,
ab 1918 Gymnasium in Lyck, im März 1926 dort Abitur,
ab November 1926 Lehrerstudium in Königsberg,

im Mai 1932 Lehramtsprüfung (Erdkunde, Geschichte, Französisch),

ab Oktober 1932 erstes Vorbereitungsjahr an der Ernst-Moritz-Arndt-Schule in Lyck,

ab Oktober 1933 zweites Vorbereitungsjahr an der Burgschule in Königsberg,

im Mai 1934 Einberufung in ein Arbeitsdienstlager, dort bis Juli 1934,

im Januar 1935, Karl gibt in Königsberg auf, kehrt nach Mrossen zurück und gibt dort Nachhilfestunden.

Im April 1935 wird Karl für 10 Wochen zum Militärdienst eingezogen,

ab August 1935 ist er Hauslehrer bei Familie Friedrich (wo?).

Im Januar 1936 wird Karl Lehrer am Hufengymnasium in Königsberg. Er gibt nach kurzer Zeit auf („er kann es einfach nicht“) und scheidet endgültig aus dem Schuldienst aus. Er bewirbt sich an der Akademie in Elbing, wo er sich später wieder melden soll. Inzwischen gibt er Nachhilfestunden in Mrossen.

Im April 1936 wird Karl Hauslehrer bei Familie Gramberg in Possessern (Großgarten), Kreis Angerburg.

Im Juli 1936 erfolgreiche Aufnahmeprüfung für Elbing, im Oktober 1936 beginnt Karl in Elbing, im Mai 1937 gibt er in Elbing auf und gibt dann wieder Nachhilfestunden,

von Januar bis März 1938 Hauslehrer bei Familie Sprengel in Sommerfeld.

Nach einigen erfolglosen Bewerbungen findet Karl ab Oktober 1938 eine Anstellung am Statistischen Amt im Landeshaus in Königsberg.

Im September 1939 wird Karl zum Militär eingezogen und kommt zur Flak ins Ruhrgebiet.

Im Juni 1940 wird er zum Gefreiten befördert,

im April 1941 kommt seine Einheit nach Berlin, dann nach Ostpreußen und
im Juli 1941 nach Russland (Kowno).

Im November 1941 meldet sich Karl aus Norwegen, danach aus Lappland (Karelien, Finnland),

im September 1942, August 1943 und Juni 1944 auf Urlaub in Lyck,

im August 1944 Beförderung zum Stabsgefreiten.

Im November 1944 meldet sich Karl aus Norwegen.

Am 1. 4. 1945 kam Karl in amerikanische Gefangenschaft, nach vier Monaten in ein Lazarett in Idstein im Taunus, am 5. 12. in ein Lazarett in Lübeck.

Am 7. 12. 1945 erhalten die Eltern ein Lebenszeichen von Karl, einen Brief vom
30. 11. aus dem Lazarett in Idstein.

Am 27. 2. 1946 erscheint Karl bei den Eltern in Wietze (bei Celle).

Im April 1946 wurde Karl eine Arbeitsstelle in einem Torfstechunternehmen zugewiesen, dort war er bis August 1946.

Ab August 1946 arbeitet Karl bei der Firma Rathe in Wietze.

 

Lore (* 11. 12. 1908 in Pammern),

            ab 1915 Lyzeum in Lötzen,

            ab 1918 Lyzeum in Lyck,

            im Februar 1928 Abitur an der Goetheschule in Lyck,

            ab Mai 1928 Lehrerinstudium in Königsberg,

            im Februar 1930 Sportlehrerinprüfung,
            im Juni 1934 Mittelschullehrerinprüfung in Königsberg,
            ab Oktober 1934 Lehrerin im Kreis Fischausen,
            ab April 1936 Lehrerin in Zollerndorf (an der Strecke Arys-Sensburg),
            im August 1936 Umschulungskurs in Osterode,
            ab Dezember 1936 Lehrerin in Piassutten (Kreis Ortelsburg),
            ab März 1937 Lehrerin in Lyck,

            ab Oktober 1939 nach dem Polenfeldzug Dorfschullehrerin an der russischen Grenze,

            ab April 1940 Lehrerin in Reiffenrode und Gingen, Kreis Lyck,

            ab Dezember 1940 Lehrerin in Widminnen (Kreis Lötzen),

            ab April 1944 Hauptschullehrerin,

            im Dezember 1944 nach Räumung von Lyck nach Sensburg beordert.

            Am 22. 1. 1945 flüchtete Lore mit Else aus Bartenstein. Über Königsberg,

Pillau, Swinemünde, Stralsund erreichten sie mit Schiff und Bahn am
31. 1. 1945 die Eltern in Saßnitz.

Am 26. 3. 1945 fährt Lore zusammen mit Eltern, Tante und Else mit dem Zug nach Wietze bei Celle, ab 16. 4. unter englischer Besatzung.

Ab November 1945 unterrichtet Lore in Hornbostel bei Celle,

            ab Mai 1946 Mittelschullehrerin in Bergen bei Celle.

 


 

 

 

Personalkarte des Lehrers Wilhelm Woyczechowski

Quelle: Preußische Volksschullehrerkartei,
Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung, Berlin